Erinnert man sich in der Bandgeschichte von Laibach ein wenig zurรผck, so stรถรt man unweigerlich auf das erste offizielle Konzertplakat der Band aus dem Jahr 1980. Dieses zeigte nicht nur den Bandnamen, sondern auch ein verzerrtes schwarzes Kreuz, welches unรผbersehbar dick รผber dem verpรถnten deutschen Namen der Stadt Ljubljana prangte. Grund genug fรผr die jugoslawischen Machthaber, das Konzert in Trbovlje zu verbieten. Natรผrlich haben Laibach damals โihrโ Kreuz nicht der christlichen Symbolik entlehnt, sondern fรผhlten sich eher dem russischen Avantgardisten Kasimir Malewitsch verbunden, was die Sache aber auch nicht besser machte. Eine lange Erklรคrung mรถchte ich an dieser Stelle aussparen und es bei โMalewitsch hรคngte bei seiner ersten รถffentlichen Prรคsentation seiner Gemรคlde eines davon in die obere Ecke des Raumes โ der Ecke, die traditionell christlichen Ikonen vorbehalten istโ. Dass das auch nicht so gut ankam, kann man sich denken.
Fรผr Laibach hat sich die Entscheidung, das Kreuz zu ihrem Bandlogo zu machen und auf die Kommunikation ihres Bandnamens komplett zu verzichten, als eine weise Wahl erwiesen, umgingen sie so doch ein Auftrittsverbot. Noch heute sind Armbinden mit dem Symbol im Bandshop zu finden. Dass Laibach also stets Diskussionspotenzial bieten, ist in der Bandgeschichte schon seit jeher verankert. Heute sind sie als Sloweniens wichtigster Kulturimport zu verstehen und auch รผber die europรคischen Grenzen hinaus bekannt, wie man wohl an ihren kleinen Ausflug nach Korea sehen kann.
In diesem Jahr habe ich Laibach bereits in der Kรถlner Music Hall gesehen und war von der geringen Beteiligung doch รผberrascht. Das sollte sich Anfang April in der Bochumer Christuskriche รคndern. Als NRW-Neuzugang war mir die Location gรคnzlich unbekannt, vor dem Eingang tummelten sich rauchende Fans, drinnen war es fรผr eine Kirche ungewรถhnlich war. Ich muss zugeben, ich hatte mit winterlichen Temperaturen gerechnet und so meinen Mantel gar nicht erst ausgezogen. Kirchen scheinen auf Menschen immer sehr eindrucksvoll zu wirken und so war es fรผr mich das erste Konzert, bei dem tatsรคchlich Ruhe herrschte, nicht geschubst und gedrรคngelt wurde und das Benehmen einzelner Besucher nicht daheim vergessen wurde. Wenn das in jeder Kirche so ist, mรถchte ich bitte, dass Konzerte nur noch in Gotteshรคusern stattfinden. Was genau Menschen dazu bewegt, sich ausgerechnet in religiรถsen Stรคtten ruhig und gesittet zu benehmen, auch wenn sie gar nicht glรคubig sind, werde ich nie komplett nachvollziehen kรถnnen. Das muss ich auch nicht, ich genieรe dann eben die entspannte Atmosphรคre.
Pรผnktlich ging es los, wieder mit Ausschnitten aus Edvard Grieg. Ruhe im Kirchensaal. Und nur die groรen Kirchenfenster und die Projektionen, die wesentlich eindrucksvoller als in der Music Hall wirkten, lieรen den Blick von den Protagonisten zeitweise ablassen. Wenn man vor sich รผber ein Dutzend Kirchenbรคnke mit kerzengerade sitzenden Menschen hat und dazu die martialisch krachenden Ausschnitte aus Edvard Grieg, lรคsst das schon Gรคnsehaut aufkommen. Was folgte, war der selbe Setlistenverlauf wie auch in Kรถln zu Beginn des Jahres, aber aufgrund der Location wesentlich imposanter und einprรคgsamer. Und wรคhrend die Fotografenblicke wieder auf Mina Spiler und ihren Stiefeln lagen, sang ihr Bandkollege erneut โSmrt Za Smrt.โ
Auch an diesem Abend gab es eine kleine Erholungspause, bevor es mit Stรผcken aus โThe Sound of Musicโ weiterging. Und wรคhrend der auf die Wand projizierte Timer brav die Minuten bis zur Fortsetzung des Konzertes herunterzรคhlte, holten sich einige Besucher etwas zu trinken oder versuchten das gerade gesehen und gehรถrte zu verarbeiten. Und schon ging es weiter, wieder gab es kleine Ponys und Apfelstrudel, die mit der Stimme von Milan Fras kontrastierten und am Ende โOpus Dei / Leben heiรt Lebenโ, das in der Christuskirche den Besuchern kurz vor Konzertende den Atem stocken lieร.