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Im Soundcheck: Emika, Kittin, Woods Of Birnam und Jens Friebe

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Fast ein Jahr her, seit wir diese schöne Rubrik letztmalig genutzt haben. Jetzt aber Staub abgefeudelt und Besserung gelobt! Zum Quasi-Comeback klotzen wir gleich mit vier feinen Platten aus der Schlussphase 2018:

Beginnen wollen wir mit Emika. Die seit geraumer Zeit in Berlin lebende Künstlerin hat zwischen ihren „regulären“ Alben („Emika“, „Dva“ und „Drei“) auch immer wieder Zeit für ihre klassische Ader gefunden („Klavirni“ und zuletzt „Melanfonie“, ein erfolgreich per Crowdfunding finanziertes Album mit den Prager Philharmonikern). Da war man gespannt, was als Nächstes folgt. Nun, es wurde (wie vom Rezensenten erhofft) wieder ein elektronisches Album.

Doch nicht nur das, „Falling In Love With Sadness“ hat auch ein ernsthaftes Thema und Anliegen. Die Veröffentlichung wurde auf den Welttag der geistigen (oder auch seelischen, psychischen) Gesundheit gelegt und ein Teil der Einnahmen geht an eine entsprechende Wohlfahrtsorganisation. Darauf beschäftigt sich Emika mit dem Gefühl einer Traurigkeit, die ihre Familie seit Generationen umgebe. Depressionen und wie man mit ihnen umzugehen lernt, sind ein glücklicherweise zumindest in aufgeklärten Gesellschaften immer häufiger thematisiertes Krankheitsbild.

Das Album umgibt also ein melancholischer Grundton, doch Emika begeht nicht den Fehler, die Musik deswegen erdrückend schwer anzulegen. Fast schon im Gegenteil, sie hat dem kühlen Sound und den gern verschleppt trippigen Beats, die man von ihr kennt und liebt, neue Schichten hinzugefügt und einige der tanzbarsten („Could This Be“, „Promises“, der raffinierte Titeltrack und das EBM-eske finale „Eternity“) und eingängigsten („Run“, „Close“ und der Synthiepop in„Escape“) Stücke ihrer Karriere aufgenommen, so dass man über das wichtige Thema nachdenken kann und sollte – dies aber nicht jedes Mal tun muss, wenn man diese starke Platte hört.

P.S. Emika spielt am 21.03. live im Zeiss Großplanetarium Berlin!

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Weil es gerade so schön passt, bleiben wir bei beeindruckenden Künstlerinnen der elektronischen Musik. Miss Kittin ist da ja mittlerweile bei Legendenstatus angelangt, ob mit oder ohne The Hacker (oder auch mal Golden Boy). Nun muss man wohl hinzufügen: Ob mit oder ohne Miss, denn jene hat Caroline Hervé für „Cosmos“, ihr viertes Soloalbum, abgelegt. Und es ist auch sonst ein sehr erwachsenes Album geworden.

Nachdem sie sich beim Vorgänger „Calling From the Stars“ für ein umfangreiches Doppelalbum, streng unterteilt in poppig-clubbige und ambiente Hälfte, entschieden hatte, kommt „Cosmos“ nun ungleich schlanker daher. Zwölf knackige Tracks in 37 Minuten, zwischen knapp über zwei und knapp unter vier Minuten Länge. Aber mit einem zusammenhängenden Konzept, das wie die Erde um die Sonne um Astronomie, Weltall, Wissenschaft und Zukunft kreist.

Der Sound verweist eher auf die zweite Hälfte des Vorgängers, ohne allerdings nur als sanfter Ambient dahinzufließen. Dafür ist Kittin dann doch viel zu melodieverliebt. Direktes Clubmaterial wird man aber hier nicht finden, die tanzbaren Beats werden nahezu komplett verweigert (man könnte sich jedoch zu diversen Tracks einen satten Remix vorstellen). In dieser Form genießt man eher die wundervoll klingenden Synthesizer, die hier in atmosphärischen Stücken wie „Cosmic Address“, „Elevate“ oder „Utopia“ in aller Pracht und Vielfalt glänzen dürfen.

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Habt ihr euch eigentlich auch gefragt, was aus Polarkreis 18 geworden ist? Hoffnungsvoll und musikalisch hochinteressant gestartet und dann nach dem plötzlichen Erfolg leider künstlerisch abgeschmiert, oder? Ja, mag sein. Aber die einzelnen Bestandteile sind natürlich weiter tätig. Zu Sänger Felix Räuber kommen wir im Verlaufe des Jahres noch. Nun sind erstmal seine vier Mitstreiter Philipp Makolies, Uwe Pasora, Ludwig Bauer und Christian Grochau dran.

Die haben nämlich vor geraumer Zeit (anfangs noch parallel zu Polarkreis 18) den Schauspieler Christian Friedel bei seinen musikalischen Ambitionen unterstützt, woraus schließlich die Band Woods Of Birnam resultierte, die von Beginn an für opulent arrangierten Pop und theatertaugliche Aufführungen (mit stetigen Shakespeare-Verweisen, nicht nur im Bandnamen, die Band führt auch regelmäßig „Hamlet“ im Staatsschauspiel Dresden auf) stehen sollte und mittlerweile bereits beim dritten Album „Grace“ angelangt ist.

Und jenes ist, produziert von Olaf Opal, ihr bislang rundestes Werk geworden. Sich inhaltlich vor allem um die Verarbeitung des Todes von Friedels Mutter vor ein paar Jahren drehend, klingt es zu großen Teilen erstaunlich fröhlich hier. Reichhaltig instrumentiert und arrangiert, man merkt die musikalischen Fähigkeiten der Beteiligten, besticht es vor allem jedoch durch gute Songs und elegante elektronische Einfälle. Wie dieser Synthie durch den Titelsong wabert und hintenheraus von Streichern abgelöst wird. Wie sich das sensationelle „Isolation“ in acht Minuten vom fröhlichen Indie-Pop über zunehmende Electrobeats und einen irren Break in die Tanzorgie steigert. Wie „Into The Rapture“ die Disco stürmt. Ein erstaunliches Album!

P.S. Woods Of Birnam live: 04.01. Erfurt, 05.01. München, 06.01. Stuttgart, 10.01. Berlin, 11.01. Magdeburg, 12.01. Hannover, 13.01. Dresden, 16.01. Düsseldorf, 20.03. Hamburg, 22.06. Dresden (auf dem eigenen Into The Woods Festival, mit Hundreds, And The Golden Choir und Ätna), dazu Festival- und Theatertermine

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Ja huch, singt der Jens Friebe jetzt etwa auf Englisch? Dabei verdanken wir ihm doch unsterbliche Albumtitel wie „Nackte Angst, zieh dich an, wir gehen aus“ oder „Das mit dem Auto ist egal, Hauptsache, dir ist nichts passiert“. Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage lautet Jein. Gibt es eigentlich ein englisches Wort für Jein?

Fuck Penetration“ heißt das sechste Album des gebürtigen Lüdenscheiders, der, nebenbei bemerkt, auch ein ausgezeichneter Autor ist (u.a. für die leider im letzten Jahr verschiedene Intro, R.I.P.!). Und ja, es wird auf Englisch gesungen, aber rund die Hälfte der Texte kommt dann doch in der Muttersprache daher – und friebetypisch wild fabulierend verdreht sind sie in jeder Sprache, das ist ja das Schöne.

So verdreht wie die Musik, bei der mithilfe der guten, alten Partners in crime Berend Intelmann und Chris Imler alle möglichen Stile in den Mixer geworfen wurden, dieses Mal mit weniger Gitarre und Elektronik, dafür mehr Klavier. Irre hoppelndes Pianospiel, dramatischer Gesang, Fantasy-Hip-Hop, eingängiger Pop, zauberhafte Balladen, ernsthaft Philantropisches und außerirdisch Blödsinniges – alles dabei in diesem Füllhorn.


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Machen wir es abschließend kurz – bewertungstechnisch gilt für alle:

Depechemode.de-Wertung:
★★★★★ (4/5)

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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