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Im Soundcheck: Apparat, Ellen Allien und Mogwai

Heute haben wir drei Alben in unserer kompakten Rubrik versammelt, die durchaus einige Gemeinsamkeiten aufweisen. Denn auf allen geht es ziemlich soundtrackartig zu, suchen Musiker nach neuen Ausdrucksformen und verlangen ein offenes Ohr für unerwartete Entwicklungen.

Sascha Ring a.k.a. Apparat ist ja ohnehin ständig auf der Reise zu neuen musikalischen Ufern. Er begann mit eher experimenteller Elektronik, wurde dann mit Ellen Allien zum „Orchestra Of Bubbles“, mit Modeselektor zu Moderat und schließlich mit seinen letzten beiden Alben (v.a. mit „The Devil’s Walk“) immer songorientierter, auch poppiger. Nun jedoch heißt es „Krieg und Frieden (Music For Theatre)“.

Für die Ruhrfestspiele in Recklinghausen wurde er zur musikalischen Untermalung von Tolstois Mammutwerk angefragt. Und diese Musik sollte er auch noch live (am Bühnenrand platziert) spielen. Das Album dazu ergab sich erst hinterher, und es ist eine spannende Erfahrung. Denn obwohl es klassischen Einschränkungen von Soundtracks unterliegt (die Bilder, die Handlung, die das Werk untermalen soll, fehlen dem Hörer eben), weiß es zu faszinieren.

Mit recht minimalistischen Mitteln (Geige, Cello und Elektronik) und nur gelegentlichen Gesangsspuren schafft Ring von Beginn an Atmosphäre. Es knistert, es wabert, das Drama wird aufgebaut, angedeutet, aber nicht pathetisch ausgekostet. Und hin und wieder schleicht sich der Pop ein („LightOn“), bevor mit den letzten beiden Stücken „Austerlitz“ und „A Violet Sky“ die großen Höhepunkte aufwarten. – 8 von 10 musikalischen Schmökern

Sie dachten, das war jetzt anspruchsvolle Musik? Na dann hören Sie mal hier rein: Ellen Allien, Berlins Grande Dame de la Techno, packt nämlich auf ihr neues Werk namens „LISm“ genau einen Track. Und der dauert eine Dreiviertelstunde. Da flattern Ihnen jetzt aber schon ein bisschen die Rockschöße, oder?

Ellen Allien wollte schon seit Längerem ein zusammenhängendes Musikstück schreiben, da kam ihr die Anfrage, die Komposition für die Tanzperformance „Drama per Musica“ zu übernehmen, gerade recht. Das Ganze wurde schon vor zwei Jahren im Pariser Centre Pompidou aufgeführt, doch irgendwann begann Allien wieder daran herumzuwerkeln, einiges neu anzuordnen, zu ändern, zu ergänzen – bis endlich das Stück „LISm“ fertig war und den Hörer nun auf eine introspektive Gefühlsreise entführt.

Vom Club, wo Alliens Musik sich früher wohlfühlte, ist das hier nun (zumeist) denkbar weit entfernt. Es beginnt mit wenigen Akkorden, später singt die Künstlerin ein paar Takte und irgendwann verstärken sich die elektronischen Sounds, nur um plötzlich jazzigen Klänge zu weichen, welche dann wiederum von neuen elektronischen Ausflügen abgelöst werden. Erst nach fast 28 Minuten setzen dann doch noch Beats ein, die ein paar Minuten die Wurzeln Alliens zeigen, bevor sich wieder Soundscapes nach vorn schieben und erst ganz hinten noch ein paar eingängige Synthesizer zulassen. Faszinierend! – 8 von 10 verrückten Klangforschern

Zum Schluss noch Mogwai. Die Glasgower (mit einem Schuss Berlin, seit Bassist Burns hier die empfehlenswerte Kneipe Das Gift betreibt) haben ja auch schon einiges geleistet. Brüllend laute Instrumentalkonzerte, Soundtracks zu Fußballerfilmen und immer wieder epische (im positiven Sinne) Soundwände, zuletzt auch zunehmend elektronischer, wie auf der Großtat „Hardcore Will Never Die, But You Will“.

Jetzt also „Les Revenants“ – ein Soundtrack zu einer Fernsehserie von Canal+. Mit Zombies und Geistern oder so. Zur TV-Serie können wir nichts weiter sagen, außer, dass sie interessant klingt und überall gelobt wird. Demnächst hoffentlich auf Arte. Der Soundtrack hingegen ist Mogwai ganz hervorragend gelungen. Erwartungsgemäß gibt es hier eher keine brachialen Gitarrenwände, die bedrohliche Stimmung wird vielmehr zu großen Teilen mit Keyboards und Piano erzeugt. Auch ein paar Streicher gesellen sich dazu.

Natürlich kann das hier kein „richtiges“ Bandalbum ersetzen, aber die 14 Stücke sorgen doch für einige Abwechslung zwischen drohendem Weltuntergang und hoffnungsvollem Aufbruch zu neuen Ufern. Ziel erreicht, Zombie (immer noch) tot. – 8 von 10 blutigen Unterkiefern

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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

1 Kommentar

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  1. apparat

    der apparat würde ich sogar 8,5 / 10 geben. :-) feines scheibchen, auch wenn es im vergleich zum vorgänger doch etwas sperriger wirkt zu beginn.

Kommentare sind geschlossen.

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