Mitte Mรคrz erscheint erstmals die Geschichte von Depeche Mode als Hรถrbuch auf einer Doppel-CD (bei Amazon vorbestellen). Autor von „Depeche Mode- Die Audiostory“ ist der Journalist Thomas Bleskin, der bereits ein viel gelobtes Hรถrbuch รผber die Beatles verรถffentlicht hat. Auch seine Depeche Mode-Story ist von viel Liebe zum Detail und natรผrlich zum Sujet geprรคgt. Wir haben mit Thomas gesprochen und ihn zur Audiostory befragt.
Am 18. Mรคrz erscheint erstmals eine Audiostory รผber Depeche Mode. Was muss man sich unter einer Audiostory vorstellen?
Thomas Bleskin: Eine Audiostory ist ein biographisches Feature, dass sich ausfรผhrlich mit einer Band, einem Kรผnstler oder einem Event befasst. Der Hรถrer bekommt die komplette Geschichte – kompakt, spannend, mit vielen Originaltรถnen, Musik und รผbersetzten Songtexten. Das Ziel war: Wenn ich die Audiostory gehรถrt habe, weiss ich eigentlich alles Wesentliche รผber Depeche Mode. In diesem Fall umfasst die Audiostory zwei komplett ausgelastete CDs, da ist schon eine ganze Menge an Information drin. Nur mal zum Vergleich: Eine komplette A4-Seite vorzulesen, dauert gerade mal zwei Minuten. Das Hรถrbuch ist mit seinen 138 Minuten Spielzeit also nicht nur ein kleiner Abriss, sondern schon ziemlich umfassend… und ideal fรผr eine lรคngere Autofahrt!
Aus welchen Quellen hast Du Dein Material bezogen?
…neben allem, was ich mir รผber die Jahre zu der Band angelesen habe, wollte ich vor allem alte Interviews aus den 80ern und 90ern auswerten, egal ob Zeitung, Radio oder Fernsehen. Nichts ist besser als ein Originalton. Wenn man einem Kรผnstler zuhรถrt, erfรคhrt man immer mehr รผber ihn, als wenn man nur seine Biographie liest. Als ich vor ein paar Jahren Vince Clarke interview habe, konnte ich endllich wirklich verstehen, warum er immer „stiller Pragmatiker“ genannt wird. Da war er gerade bei Erasure fรผr „Nightbird“ vom Analogequipment auf Softwaresynthesizer umgestiegen und hatte das alles haarklein begrรผndet. Das fand ich beeindruckend. Ich lasse also auch in der Audiostory รผber Depeche Mode so oft wie mรถglich die Band selbst zu Wort kommen – wer sonst kรถnnte qualifiziertere Antworten geben?
Damit die Geschichte von Depeche Mode auf eine Doppel-CD passt, kann man sie nicht im Detail erzรคhlen, sondern muss Schwerpunkte setzen. Welche Aspekte waren Dir besonders wichtig?
Die Audiostory ist ja kein gesprochenes Lexikon, sondern sie erzรคhlt eine Geschichte – und zwar die Geschichte von Menschen, die zusammen Musik machen. Ich habe also immer darauf geachtet, dass die Fakten und Anektdoten, die ich bringe, immer etwas direkt mit Depeche Mode zu tun haben. Ein Beispiel: Die spรคtere Entwicklung von Vince mit Erasure wird รผberhaupt nicht beachtet, es sei denn, sie hat unmittelbar etwas mit seiner Trennung von Depeche oder einem spรคteren Treffen mit den alten Bandkollegen zu tun – und das, obwohl ich Vinceยด Musik auch heute noch schรคtze, auch die neuen Sachen. Bei Recoil genauso, das betrifft die Band รผberhaupt nicht. Auch die Solosachen von Martin bleiben mehr oder weniger auรen vor – ich erwรคhne sie natรผrlich, aber auch sie hatten ja auf Depeche selbst keinen grรถรeren Einfluss. Daves „Paper Monsters“ ist da anders: Die Platte hat ja seinen Status in der Gruppe beeinflusst – damit ist sie natรผrlich fรผr die Audiostory interessant. Es ging also darum, nicht jeden einzelnen noch so kleinen Fakt aufzuzรคhlen, sondern die interessanten Momente herauszupicken, die die Musik und die Entwicklung der Leute bei Depeche Mode beeinflusst haben. Und davon gibt es eine ganze Menge!
Gibt es ein Kapitel auf der CD, auf das Du besonders stolz bist
Das lรคsst sich schwer sagen… ich kรถnnte aber sagen, welches Kapitel besonders kompliziert war – und zwar die Zeit unmittelbar vor und nach „Songs of Faith and Devotion“. Da war es wichtig, die musikalische Seite zu betrachten, gleichzeitig aber auch auf die persรถnlichen Befindlichkeiten einzugehen, vor allem bei Dave und Alan, aber auch Andy. Da musste ich vier Erzรคhlstrรคnge zusammenbringen, das ging schon fast in Richtung Roman – oder in diesem Fall Hรถrspiel. Der tragische Hรถhepunkt ist dann ja Daves Absturz – und ich habe sehr lange รผberlegt, welcher Titel von Depeche Mode an dieser Stelle angespielt werden kรถnnte. Das Ergebnis: Gar keiner. Man kann einfach keinen Song der Band bringen, wenn man darรผber spricht, dass es dem Sรคnger unglaublich schlecht geht. Das passt nicht. Also haben wir mit Decades einen Song aufgenommen, der „Daveยดs Theme“ heiรt und der dann dort kurz zu hรถren ist. Von den Drums her haben wir da schon ein kleines biรchen „Ultra“ angedeutet… Jedenfalls war dieses Kapitel eine schwere Geburt – eben weil es so komplex und zugleich tragisch ist. Zum Glรผck wird es danach etwas entspannter!
Apropos Musik – du hast fรผr den Soundtrack jeden verwendeten Titel 1:1 instrumental nachspielen lassen. Warum?
Musik erhรถht die Dramaturgie – man will ja nicht รผber zwei CDs nur gesprochenes Wort hรถren, jedenfalls nicht bei einer biographischen Sache. Intrumentalversionen haben den Vorteil, dass man eine Erzรคhlstimme draufpacken kann, ohne dass der Gesang im Hintergrund den Hรถrer ablenkt. Allerdings sollte alles so originalgetreu wie mรถglich klingen – denn wenn ich beispielsweise รผber „Stripped“ und sein Intro rede, sollte man eben das Motorengerรคusch aus dem Emulator hรถren. Da ich selbst diese Gerรคte nicht besitze, habe ich einen spanischen Kรผnstler ausfindig gemacht, der
sich auf analoge Synthies und alte Sampler spezialisiert hat. Er heiรt Jose Maria Barรก und hat es in monatelanger Kleinarbeit tatsรคchlich geschafft, die Stimmung der Songs einzufangen. Der Soundtrack von Jose ist fantastisch geworden. Und ganz am Ende der Audiostory, sozusagen als Bonustrack, gibt es eine der besten akustischen Coverversionen eines Depeche-Mode-Songs, die ich je gehรถrt habe…
Wie lange hast Du vom Konzept bis zur Fertigstellung gebraucht?
Alles in allem – so anderthalb Jahre.
Gab es Unterstรผtzung von der Band oder durch das Management?
Nein. Depeche Mode authorisieren biographische Abhandlungen grundsรคtzlich nie. Ich kann das auch verstehen. Den Fans zeigt das natรผrlich, dass Depeche Mode keinerlei Hype nรถtig haben. Meine Arbeit hat das zwar nicht unbedingt erleichtert, aber als Fan, der ich ja auch bin, stehe ich voll hinter der Band, was diese Entscheidung angeht.
Du hast in der Vergangenheit bereits eine Audiostory รผber die Beatles gemacht. Gibt es trotz aller Unterschiedlichkeit der Bands auch Gemeinsamkeiten, die Dir aufgefallen sind?
Absolut, ja. Was am auffรคlligsten ist: Beide Bands haben in ihren Anfangstagen unglaublich viel live gespielt. Dabei haben beide ein Gespรผr fรผr ihr Publikum bekommen. Beide Bands haben als Teeangerlieblinge angefangen und sich dann musikalisch radikal weiterentwickelt. Beide Bands haben auf ihre Weise die Popmusik umgekrempelt, indem sie neue Klรคnge einem breiten Publikum nรคher gebracht haben. Sowohl die Beatles als auch Depeche Mode haben Songwriter, die in der jeweiligen Generation zur absoluten Oberliga gehรถren. Das macht dann den groรen Unterschied zum Rest einer Szene. Beim Merseybeat der frรผhen 60er gab es nichts vergleichbares zu Lennon/McCartney. Ebenso gibt es im Bereich Electro/Synthpop/EBM nichts, was auch nur annรคhernd an Depeche Mode herankรคme, nicht einmal Bands wie And One, obwohl Steve Naghavi ein klasse Songwriter ist, oder Apoptygma Berzerk. Denen fehlt dann wieder die Massentauglichkeit.
Depeche Mode – die Audiostory
Doppel-CD, 138 Minuten Laufzeit
Lรผbbe-Audio (Tonpool)
13,90 Euro ( Amazon ).
@Gerd
Ich finde SOTU erfrischend experimentell und es gibt meiner Meinung nach auch keinerlei vergleichbares Album weder von DM noch von einer anderen Band. Was SOTU allerdings nicht ist, ist schnell, tanzbar. Da geb ich dir recht. Das hat aber wiederum mit Nummer Sicher nichts zu tun. Gerade weil SOTU so kratzig und sprรถde wirkt, kann ich z. B. auch Heute noch nicht genug von der CD bekommen. Allerdings finde ich SOTU etwas zerrissen zwischen Dave und Martin Songs. Ich denke man merkt, dass Martin ein Album Konzept hatte, das man dann fรผr die Bandchemie aufgebrochen hat. Wie das bei einem mรถglichen neuen Album aussieht, wer weiร das schon und das ist ja immer das spannende an DM. (-:
@47 donbasil
ich finde du hast das sehr gut beschrieben. vor allem das mit diesem Punk-Ding, welches (meiner Meinung nach) auch noch in spรคteren Songs zu hรถren war. Und genau dieses Element vermisse ich wirklich sehr in ihrer jetzigen Musik, da zur Zeit bei DM alles sehr gemรคchlich, ruhig, konrolliert und auf „Nummer-Sicher“ gemacht wird! Bitte mehr Mut zum Risiko und zum Experimentieren!
-ist nur meine persรถnliche Meinung-
@dialog puppets-muvrini zu HURTS
Mr.Wolfsheim lรคsst grรผssen. Das trifft es dann eher. Obgleich der Sรคnger besser singen kann als Peter Heppner. Ihr Happiness-Cover sieht total No happy view-mรครig aus.
@alle
Kauft Euch eine Plattenspieler, Jungs und Mรคdels. Scheiร‘ auf den iPod.
@ Puppets: Ja, da beneide ich Dich aber um Deinen Plattenspieler. Meine guten alten Platten – u.a. die DM-Maxis – stauben leider vor sich hin :-(.
Mรผsste mich auch mal um was kompatibles kรผmmern. Der Dual lรคsst sich nirgends mehr anschlieรen. Der minimalistische englische Verstรคrker dazu (hat noch nen ollen Kippschalter) steht im Keller und nichts klang bisher besser.
zu 77 – Die ALTEN ZEITEN – Sorry das Abschicken war schneller als mein schreiben
@Imuvrini – #75
Ja – „Hurts“ ist gute Laune Musik – obschon wenn Du Dir die Texte anschaust – Mr Gore lรคsst grรผssen …
@Ga(ha)ndalf -#74
Marillions, Rush, Eurythmics, Visage, INXS, Cassandra Complex
Ja und unbedingt „Sisters of Mercy“ da habe ich noch alles auf Vinyl (habe mir letztes Jahr extra einen Pioneer gekauft und diesen an mein Surround System, welches fรผr DVD-Filme gedacht wรคre, angeschlossen – da haben dich die alten sofort wieder fest im Griff)
Und in Erwartung des neuen Remix-Albums „Never let me down again“ von den“Smashing Pumkins“ – finde ich einfach genial !
Jetzt habt ihr mich aber schรถn auf den Nostalgietripp gebracht mit Eurem Gefasel. Hier die Vorreiter Nirvanas:
http://www.youtube.com/watch?v=LUmaMZ2ARf8
Immer noch so gut wie vor 30, na ja – in meinem Fall etwas mehr als 20 Jahren. Werยดs punkiger mรถchte, mรถge sich von denen noch „return of the rat“ anhรถren.