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Im Interview: Neuroticfish

Von Ronny
/ 1 Kommentar

Im Rahmen des diesjรคhrigen Nordstern Festivals in Hamburg hatten wir am ersten Abend die Mรถglichkeit mit Neuroticfish nach ihrem Auftritt ein umfangreiches Interview zu fรผhren. Sascha und Henning stehen uns dabei Rede und Antwort und erzรคhlen, wieso es zur Auflรถsung im Jahre 2008 kam, was sie zu ihrem Comeback bewog und was die Zukunft bringt. Wir wรผnschen Euch viel SpaรŸ beim Lesen!

Wissenswertes รผber Neuroticfish

– Grรผndung Anfang der 1990er Jahre durch Sascha Mario Klein

– Musikalische Vorbilder waren u.a. Nine Inch Nails und Depeche Mode

– Beim ersten Konzert spielte Sven Plaggemeier (dm.de) am Keyboard mit

– 1999 erschien das erste Album „No Instruments“

– Diverse Singles und Alben waren in den Top 10 der DAC Charts

– Seit 2005 ist Henning Verlage festes Bandmitglied

– 2008 wurde das Projekt vorlรคufig auf „Eis“ gelegt

1. Wie geht es Euch? Seid Ihr zufrieden mit dem Konzert?

Henning: Fertig aber gut!

Sascha: Mir geht es gut! Es war ein sehr schรถnes Konzert. Es war verdammt warm, es waren sehr viele Leute da und wir waren sehr รผberrascht, wie toll die mitgegangen sind. Es hat richtig SpaรŸ gemacht.

2. Eigentlich hieรŸ es ja Ende 2008, dass sich Neuroticfish aufgelรถst haben. Dazu kam ja auch das Du, Sascha, einen GroรŸteil Deines Equipments bei eBay verkauft hast. Wieso gab es die damalige Entscheidung Neuroticfish „zu beenden“?

Sascha: Das war meine Entscheidung. Sehr zum Nachteil von Henning, aber es war meine Entscheidung, weil ich kรถrperlich und auch seelisch ein bisschen „runter“ war. Ich brauchte eine Auszeit. Es hat mich alles mit Neuroticfish sehr รผberwรคltigt und ich habe das alles nicht mehr so auf die Reihe bekommen und bin davon krank geworden und musste deshalb aufhรถren.
Ich habe das damals so in dieser Form nicht publik gemacht, weil es seinerzeit fรผr mich wichtig war einen Schnitt zu setzen und einfach unter zu tauchen. Ich musste einfach weg und bin dann drei Jahre lang eigentlich gar nicht mehr in der รถffentlichen Musikszene aktiv gewesen. Dennoch habe ich weiter Musik gemacht, was sich aber mehr auf den Bereich der Filmmusik und รคhnliche Projekte bezog. Ich habe beispielsweise in bestimmten Pools, die es in Amerika gibt, mitgemacht, wo Kรผnstler Instrumentallieder einliefern kรถnnen, die dann fรผr Fernsehserien o.รค. benutzt werden. Ich habe mich trotzdem komplett aus der ร–ffentlichkeit zurรผckgezogen.
Das hat mir wiederum sehr gut getan und hat gleichzeitig dazu beigetragen, dass ich mich neu fokussieren konnte, was mir sehr wichtig war und irgendwann fing es dann wieder an zu kochen. Ich wollte wieder was mit Vocals machen.

3. Wie kam es zur Reunion?

Sascha: Ich begann die ersten neuen Sachen einzuspielen und habe dann Henning angerufen und ihm gesagt, dass ich wieder Bock auf Neuroticfish habe. Darauf sagte Henning nur: „Ich habe gedachte Du fragst nie! Komm ins Studio.“ Daraufhin bin ich zu ihm ins Studio gefahren, wir haben die ersten Takes gemacht und haben beide gemerkt, dass es wieder geht und das es vor allem gut geht und SpaรŸ macht. Dabei rausgekommen ist dann der Song „Former Me„. Den Song haben wir dann auch mal direkt in unsere bandeigene Soundcloud geladen, um zu gucken ob die Leute das รผberhaupt noch wollen und mittlerweile sind wir, wenn ich mich nicht irre, bei 16.000 Plays nur bei diesem Song! Fรผr uns ist das wiederum ein klares Indiz, dass wir hier was abgeliefert haben, was die Leute hรถren wollen bzw. das die Leute uns noch hรถren wollen. Gleichzeitig war dies auch das Signal fรผr uns mit der Produktion an einem neuen Album zu beginnen.

4. Was habt Ihr fรผr die Zukunft geplant? Wann kann man mit einem neuen Album rechnen oder mit einer Single?

Henning: Der Plan ist derzeit noch vor dem Album eine Single zu verรถffentlichen. Aber wann genau und mit wem ist aktuell noch nicht entschieden. Das ist eben die Freiheit die wir uns nehmen und auch zugestehen, dass wir erstmal etwas produzieren und dabei vรถllig freie Hand haben. Aber es wird definitiv etwas erscheinen, denn wir sind da selbst heiรŸ drauf, da wir dieses durchweg positive Feedback von den Fans bekommen haben.

Sascha: Also wir sind in der Vorproduktion sehr weit mit dem Album. Wir wollen es auch noch in diesem Jahr fertig produzieren und verรถffentlichen. Das Album und dessen Verรถffentlichung hat fรผr uns ganz klar Prioritรคt, auch wenn wir es nicht versprechen kรถnnen, weil der Teufel ist ein Eichhรถrnchen, das wissen wir aber wir arbeiten sehr hart daran.
Aktuell schreibe ich wieder an ein paar Liedern, aber die sind eigentlich nur dafรผr da um vielleicht den einen oder anderen Song, von dem wir nicht ganz รผberzeugt sind, auszutauschen. Wir wollen eigentlich ein relativ groรŸer Repertoire haben, aus dem wir das Album letztendlich zusammensetzen kรถnnen. Wรคhrend sich Henning schon mit der Produktion einzelner Songs befasst, schreibe ich trotzdem weiter bis wir irgendwann den Punkt erreicht haben, wo wir genug Songs zusammen haben um daraus ein Album zu produzieren. Und dann wird das alles auch nur noch zusammen kopiert und dann ist das Album fertig.

5. Viele Musiker und Bands sind mittlerweile dazu รผbergegangen bestimmte Verรถffentlichungen bzw. Alben via „Pledge Music“ vor zu finanzieren. Ist das fรผr Euch eine Alternative?

Henning: „Pledge“ ist eine interessante Sache, um sehr aufwรคndige und damit sehr teure Produktionen realisieren zu kรถnnen wie z.B. eine Live-DVD oder eine Orchesterproduktion oder generell Bandaufnahmen. Aber fรผr uns, die „nur“ ein rein elektronisches Album machen, wo ein Skrillex heute mit dem Laptop irgendwo im Hotelzimmer sitzt und arbeitet, das muss man nicht mit bzw. via Pledge finanzieren. Wir haben die gesamte Infrastruktur.

Sascha: Henning hat ein Studio. Henning ist fรผnffacher Echo-Gewinner und Musikproduzent (u.a. Unheilig [Anm. d. Redaktion]).

6. Kommen wir mal zu einer ganz anderen Frage: „EBM is dead?“ Immer noch? Oder nach den diversen Reunions wieder? Oder gilt hier sogar: „Totgesagte spielen lรคnger?“

Sascha: Wenn ich EBM hรถre ist es meistens Retro-EBM. EBM wurde in den letzten Jahren zumindest ein Stรผckchen weiterentwickelt bzw. in gewisser Art hybridisiert aber letztendlich auch nur durch vereinzelte Projekte wie beispielsweise Fixmer/McCarthy. Das finde ich, ist eine super Sache! Aber im Grunde ist EBM immer noch tot, auch wenn manche Leute das nicht so gerne hรถren wollen.

7. Wie seid ihr damals auf den Spruch „EBM is dead“ gekommen? Ihr habt ja sogar eure Homepageadresse danach benannt.

Sascha: Der Spruch „EBM is dead!“ stammte von mir. Er ist damals entstanden, weil ich mich mal gefragt habe, was denn tatsรคchlich an neuem EBM rauskommt. Gar nichts! Ich habe dann allerdings gemerkt, dass sich die Leute รผber diese Aussage aufgeregt und gesagt haben, dass das gar nicht stimmt. Und das hat mir seinerzeit gefallen und ich habe zu mir selbst gesagt: โ€žOkay das kรถnnte man ja als Slogan verwenden โ€“ auch wenn er etwas kontrovers ist.โ€œ
Es gab damals auch viele Diskussionen mit Hardcore-EBM-Fans, die mir aber letztendlich auf Nachfrage keine aktuelle EBM-Band nennen konnten.

8. Spielte die damals so hippe „Futurepop-Welle“ auch eine gewisse Rolle in diesem Zusammenhang?

Sascha: Also „Futurepop“ ist ja ein Kunstbegriff der nicht von mir oder anderen Musikern stammte, sondern hauptsรคchlich von der Presse mitgeprรคgt wurde. Es wurde seinerzeit viel Musik, die synthiepop-/ technolastig war und Gesang enthielt, produziert und diese musste damals ja auch irgendwie ‚gelabelt‘ werden. Irgendwer hat sich dann wohl gedacht „Futurepop“ ist die Nummer. Uns war es seinerzeit egal wie unsere Art von Musik genannt wird. In „Prostitute“ haben wir damals ein bisschen mit Samples gebastelt und diese ganze Futurepop-Nummer sogar ein bisschen verรคppelt.

9. Welche Musik berรผhrt Euch heute, was hรถrt ihr privat, was findet Ihr innovativ?

Henning: So generell gesehen kann ich das gar nicht genau spezifizieren. Bei mir ist es leider so, dass ich mir durch meine Arbeit das Musikhรถren versaut habe. Immer wenn ich Musik hรถre, zerlege ich die einzelnen Songs sofort. Ich sehe dann den Track in Spuren vor mir und finde eine bestimmte Bassline, eine Bassdrum oder einen bestimmten Groove geil. Mir ist es dahingehend auch total egal ob es sich dann um beispielsweise HipHop oder Black Metal handelt, so lange ich in den einzelnen Songs etwas finde wo ich sagen kann: „Wow, das ist cool gemacht oder hat einen innovativen Sound.“ Wenn ich das fรผr mich sagen kann, bin ich Fan dieser speziellen Nummer.

10. Also kann man schon sagen, dass Du beim Hรถren von Musik gar nicht mehr richtig abschalten kannst?

Henning: Nein. Wenn ich den Computer ausmache ist der aus und ansonsten, wenn ich etwas Interessantes hรถre, nutze ich Shazam (eine Musikerkennungsapp fรผr Smartphones [Anm. der Redaktion]) und ‚tagge‘ den jeweiligen Song.
Grundsรคtzlich muss ich aber anmerken, dass ich ein Kind der 80er Jahre bin und alles was irgendwie mit dem Synthiesound der 80er belegt ist, damit kannst du mich mit groรŸer Wahrscheinlichkeit รผberzeugen.

Sascha: Ja, aber er hat ja fรผr das Musikhรถren auch mich.

Henning: (lacht) Genau, das stimmt!

Sascha: Ja, es ist wirklich so. Ich bringe ihm immer die neuen Sachen mit ins Studio und sage zu ihm: „Hรถr dir das an, oder hรถr dir das an, wie findest du das?“ Ich bin immer auf der Suche nach neuer Musik, denn das ist ein groรŸes Hobby von mir. Im Moment hรถre ich das aktuelle Album der Editors rauf und runter. „The Weight Of Your Love“ ist so tragend und wunderschรถn. Wenn ich den Song „Sugar“ morgens hรถre bekomme ich ihn den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf. Anders sind die Chvrches aus Schottland. Selten so ein geilen Synthiepop gehรถrt mit einer absoluten ’nicht Synthiepop-Haltung‘. Die machen Synthiepop der richtig 80er Synthiepop ist, haben aber nicht die Haltung danach. Das finde groรŸartig. Eine andere Band die ich aktuell hรถre sind Light Asylum aus New York. Teilweise sind die zwar recht soulig was den Gesang betrifft, aber von den Lyrics her kรถnnten das auch Sisters of Mercy sein. Das ist in etwa die Musik, die ich aktuell sehr gerne hรถre. Aber das wechselt bei mir natรผrlich auch regelmรครŸig.
Ich habe davor eine zeitlang diese neue Technolinie namens ‚Complextro‘ gehรถrt. Das sind Songs mit sehr komplexen Clicks’n’Cuts und Beats. Ein Vertreter dieses Genres ist z.B. Deadmau5 oder auch Zedd. So was hรถre ich zwischendurch dann auch.

11. Wie fandet Ihr das letzte Depeche Mode Album?

Henning: Ich habe mir das Album komplett angehรถrt und habe ehrlich gesagt die ganze Zeit gedacht: „In welchem Song bin ich jetzt eigentlich?“ Fรผr mich klangen die einzelnen Lieder sehr gleich. Ich muss dazu aber auch sagen, dass ich das Album wirklich nur 1x durchgehรถrt habe und ich habe mir ja nun auch schon sagen lassen, dass das Album live wohl doch sehr sehr gut kommen wรผrde. Viele haben รผber das Album geschimpft, aber ich persรถnlich habe mir bisher noch keine zweite Chance gegeben.

Sascha: Mir wurde gesagt: „Hรถr mal rein, es klingt so wie Songs of Faith and Devotion.โ€œ Ich habe reingehรถrt und habe keine Parallelen zur ‚SOFAD‘ gehรถrt und ich weiรŸ, dass dieses Album mein ultimatives Mega-Album ist. Der beste Song den ich von Depeche Mode je gehรถrt habe ist „Higher Love„. Dieses Lied ist auch fรผr mich als Songwriter das ‚1A Ding‘, wo ich mir sage: „Boah ist das geil, so was mรถchte ich auch mal schreiben.“ Mir fรคllt so was aber nicht ein. Deswegen mรผssen wir noch ein bisschen lรคnger mit „Velocity“ klarkommen. (lachen)
Ich kann mir „Delta Machine“ anhรถren und finde es auch ganz charmant, aber es reiรŸt mich letztendlich nicht mit und das ist ein Kriterium, das ich an ein Album habe.

12. Die letzten Worte gehรถren Euch. Was mรถchtet ihr unseren Besuchern/ Lesern abschlieรŸend sagen?

Henning: Wie bereits gesagt, arbeiten wir derzeit hart an neuem Material und es wird auch definitiv was erscheinen. Um dahingehend auf dem Laufenden zu bleiben, besucht einfach regelmรครŸig unsere Facebook– oder Website.

Sascha: Und nicht zu vergessen ist auch unsere offizielle Soundcloud-Seite, auf der wir zwischendurch immer mal aktuelle Songs oder Rough-Mixes verรถffentlichen, weil wir der Meinung sind, dass wir die Leute nicht lรคnger auf die Folter spannen kรถnnen. Zum Beispiel haben wir aktuell ganz frisch unseren neuen Song „Illusion Of Home“ dort bereitgestellt und das bisherige Feedback bei allen Songs war bisher sehr schรถn. Demnรคchst wird es dann auch wieder was Neues zu hรถren geben, daher lohnt sich ein Besuch unserer Facebook- und Soundcloud-Seite in jedem Fall.

Danke fรผr Eure Zeit und viel Erfolg mit dem kommenden Album!

Sascha + Henning: Wir bedanken uns fรผr dieses nette Interview.

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Weitere Infos zur Band findet ihr hier:
www.facebook.com/OfficialNeuroticfish
www.ebmisdead.com

Die neuesten Tracks der Band findet ihr hier:
soundcloud.com/officialneuroticfish

Das Interview fรผhrte Ronny Gehring.

Von Ronny

1 Kommentar

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  1. Danke, sehr interessantes Interview! Die aktuellen Tracks gefallen mir fast etwas besser, als die รคlteren Stรผcke. Weiter so!

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