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Gregor Beyerle: „Mit ewig gestrigem Sound bekommen wir keinen Nachwuchs“

/ 1 Kommentar

Und was ist, wenn ich jetzt mit meinem Demo zu dir komme und dir sage, dass es nach Rammstein und Eisenfunk klingen soll?
Dann fände ich das schon wieder interessant, weil es diese Stilmischung noch nicht gab. Daraus lässt sich etwas vollkommen Neues entwickeln. Es ist immer ein bisschen blöd, wenn Newcomer zu mir kommen, ihre drei Lieblingslieder als MP3 mitbringen und mir sagen „So wollen wir klingen“. Ich finde, man sollte sich gerade als neue Band nicht zu sehr auf Althergebrachtes verlassen, nur weil das schon mal funktioniert hat. Es ist viel besser, etwas Eigenes zu entwickeln.

Suchen sich also viele Nachwuchsmusiker falsche Vorbilder oder gehen falsch an die Sache ran?
Einige mit Sicherheit schon. Ich halte nichts davon, sich so stark von falschen Vorbildern leiten zu lassen. Sowas wie Agonoize, was schon 100 Mal da war. Bevor man so an die Sache rangeht, sollte man sich lieber gar keine musikalischen Vorbilder suchen, sich an gar nichts konkret orientieren, sondern einfach drauf los zu musizieren.

Ich muss jetzt trotzdem ein paar Fragen zu „Nachtmahr“ stellen. Darf ich?
Ja klar.

Die Band ist ja schon ein bisschen umstritten. Da gibt es Gerüchte hier, Getratsche da. Man redet viel und jeder hat so seine eigene Meinung dazu. Hat „Nachtmahr“ ein Imageproblem?
Nein, Nachtmahr hat kein Imageproblem. Die Leute haben eher ein Verständnisproblem, weil sie schon allein die Grundlagen der darstellenden Kunsttheorie nicht begriffen haben. In der Kunst, beispielsweise im Theater, zeigt man auf der Bühne eine gewisse Haltung, diese muss man aber selbst nicht vertreten. Es gäbe gar keine darstellende Kunst, wenn Haltung und Bedeutung immer dasselbe wären, sonst wäre ja der Schauspieler, der einen Massenmörder verkörpert, immer auch wirklich ein Massenmörder. Ich verstehe wirklich nicht, warum Leute alles, was sie auf einer Bühne sehen, für bare Münze nehmen. Für das Unverständnis von Leuten braucht man sich aber niemals zu entschuldigen. Kunst sollte sich auf keinen Fall danach richten, was ihr Rezipient davon versteht.

Was ist deine Meinung zur aktuellen Electro-Szene? Und damit meine ich nicht nur die Musik, die neuen Bands oder Clubs, sondern auch die Leute allgemein.
Im Moment sehen irgendwie alle gleich aus. Da gibt es keine Unterschiede mehr. Es ist alles sehr mainstreamig. Ich habe noch nie so viel Political Correctness erlebt wie in dieser Szene. Alle wollen vegan sein, politisch korrekt, aber gleichzeitig total provozieren, denn man hat ja ein Piercing. Das verstehe ich nicht. Da will man provozieren und auffallen und geht dann in so eine Szene, nur um dort dann doch irgendwie sein Spießbürgertum und seine Überkorrektheit weiter ausleben zu können.

Was war jetzt eigentlich die lustigste Frage, die du bisher bekommen hast?
Mich hat letztens jemand gefragt, der mich schon sehr lange bei Facebook geadded hat und meine ganzen Neuigkeiten liest, ob ich noch „Mucke mache“. Ich habe eiskalt mit „Nein“ geantwortet. Antwort: „Warum???“.

Letzte Frage für heute.
Okay. Schieß los.

Machst du eigentlich noch Mucke?
(lacht)

Nein, mal im Ernst: Was wolltest du den Leuten schon immer mal sagen.
Liebe Leute, ich arbeite als Produzent viele Nächte durch und bin definitiv nicht faul, wenn ihr mich um 1 Uhr mittags aus dem Bett klingelt und ich müde aussehe. Das ist immer so deprimierend, wenn man bis 7 Uhr in der Früh an dem perfekten Remix sitzt, sich dann ins Bett begibt und irgendjemand kommt dann mittags und weckt einen. Man selbst steht dann total verpeilt auf und die Leute beschweren sich, warum man denn bitte gerade erst aufgestanden sei oder mit den Worten „Such dir endlich mal eine richtige Arbeit!“

Das Leid der Nachteulen. Ich kenne das.
Ja, das kannst du laut sagen.

Ich habe mir neulich überlegt, dass sich jetzt jeder, den ich interviewt habe, eine Person aussuchen darf, die ich noch interviewen soll. Du bist hiermit offiziell der Erste, der sich jemanden aussuchen darf. Schieß mal los!

Johan van Roy von Suicide Commando, weil er glaubt, dass ich ihn ignoriere (lacht).

Josie Leopold

Ich bin die kleine Schnatterschnute vom Dienst: bunt, glitzernd, voller verrückter Ideen. Wenn ich nicht gerade Interviews führe, Beiträge verfasse oder versuche Wordpress davon zu überzeugen doch bitte nett mit mir zu sein, versuche ich die Welt ein bisschen besser und bunter zu machen.

1 Kommentar

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  1. Cooles Interview

    Der Gregor macht coole Remixes. Hoffentlich kommen noch mehr davon.

Kommentare sind geschlossen.

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