Bevor wir noch vor Monatsende unser Album des Monats Juni verkรผnden โฆ sollten wir vielleicht die Titeltrรคger der Vormonate nachreichen, oder? Manchmal hat man einfach zu wenig Zeit fรผr die schรถnen Hobbys โฆ
Douglas Greed โ Angst
Dieses Cover, dieser Albumtitel โ hat Mario Willms (so heiรt der Douglas ja eigentlich) da etwa prophetische Fรคhigkeiten bewiesen? Denn natรผrlich wurde dieses Album (und auch sein Artwork) lange vor Corona konzipiert und komponiert. Aber es passt erschreckend gut in diese beรคngstigende Zeit.
Erschreckend und beรคngstigend sind aber ansonsten keine Vokabeln, die auf Greeds Musik zutreffen. Nachdem er zuletzt mit dem zweiten Album seines anderen Projektes Yeah But No uns und viele andere begeistert hat, war es mal wieder Zeit fรผr einen Soloausflug. Wobei Yeah But No sicherlich dieses Mal stรคrker durchscheinen als zuvor. Beispielsweise durch die Gastvokalisten.
Nein, YBN-Kollege Fabian Kuss singt hier nicht, aber es wird eben gesungen, weiblich dieses Mal, und das auf fast der Hรคlfte der Tracks. Zweimal gastiert Joy Wellboy โ beim melancholischen Erรถffnungsduett โRoll With The Punchesโ und beim knackig auf den Punkt tanzenden Finale โNot Afraidโ โ und zweimal Odd Beholder (die Hundreds-Fans kennen dรผrften und die wir hier auch schon empfohlen haben), in den melodischen Highlights โThe Fewโ und โNumbersโ. Auรerdem gibt es noch gesprochene Passagen, wie auf dem hypnotischen โWie man unsterbliche Tiere zรผchtetโ.
Ansonsten geht es natรผrlich meist beatorientiert, unterstรผtzt von Greeds immer interessanten Drumsounds, aber auch ab und zu introspektiver zu. Der Kรผnstler verarbeitet das Thema Angst vielschichtig und offen. Angst macht Angst โ Angst kann aber auch einen Antrieb darstellen und zu Positivem umgewandelt werden. Man kann sie wegtanzen, dabei Beats mit jazzigen (Blรคser-)Anflรผgen verbinden (โThe Taste Of Dustโ, โRandom Grooveโ) oder doch die guten, alten Synthiesounds auftrumpfen lassen (โEverybody Wants To Live In A Mansionโ). In jedem Falle: Spannend! Mit und ohne Mundschutz. – 8 von 10 therapierte Phobien
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Austra โ HiRUDiN
Auf Katie Stelmanis‘ viertes Album hat sich der Rezensent auch sehr gefreut. Doch dann macht dieses Biest (also das Album jetzt) es dem geneigten Hรถrer gar nicht mal so leicht. Das Album ist letztendlich wieder ein gutes, also wo liegt das Problem?
Ist halt nicht immer alles einfach im Leben. Das weiร auch Stelmanis, die hier eine Trennung verarbeitet. Der Verflossenen ist im Prinzip auch der eigenwillige Albumtitel geschuldet. Hier nur soviel: Es hat mit Blutegeln, deren Speichel und dessen Auswirkungen auf die Blutgerinnung zu tun. Bei Bedarf verweist der Schreiberling gern an eine sehr gute Freundin, die da so ihre Erfahrungen gemacht hat. Charmante Metapher jedenfalls.
Stelmanis hat sich gleich auch von alten musikalischen Mitstreiter*innen verabschiedet, dafรผr mit neuen Kolleg*innen gearbeitet (zum Googeln: Kamancello, c_RL, Pantoya) und klingt nun anders und doch immer noch nach Austra. Der erste Schreck โ die seltsame (und fragwรผrdig ausgewรคhlte) Vorabsingle โRisk Itโ mit ihrem hochgepitchten und an der Weinglaszerschellung arbeitenden Refrain (Arme hoch, wer da noch โWhiskyโ statt โRisk Itโ hรถrt), die mit einer reichlichen halben Stunde leider recht knappe Albumdauer โ verfliegt zum Glรผck grรถรtenteils, denn die meisten anderen Songs sind deutlich besser.
Der Sound ist allerdings (trotz der Ausgangslage) generell heller und klingt unelektronischer als gewohnt. Und an ein paar Stรผcken hat man schon noch zu kauen (das anstrengende, aber zum Glรผck kurze โYour Familyโ, der Kinderchor in โMountain Babyโ, die eher unnรถtigen Interludes). Aber dann finden sie sich doch, die Hรถhepunkte: der mystische Opener โAnywayzโ, die Streicher von โAll I Wantedโ, das stark arrangierte โIt’s Amazingโ und vor allem die รผberragenden Synthie- und Gesangszaubereien โHow Did You Know?โ und โI Am Not Waitingโ. – 7 von 10 Polypeptiden
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