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Interview, Konzertbericht, Remixe ...

Dina Summer – „Im Mittelpunkt steht für uns das Gefühl, das die Musik auslöst“

Eines der schönsten Alben des bisherigen Jahres – jedenfalls für die Anhänger klassischer Synthiepop-, New- und Dark-Wave-Sounds – haben sicherlich Dina Summer mit „Girls Gang“ veröffentlicht. Auch Monate später noch ein echter Knaller. Anlass für uns, die Band live zu beobachten und ihr ein paar Interviewfragen zu stellen. Außerdem gibt es auch musikalisch Nachschub.

Dina Summer – das sind Dina Pascal alias Vamparela und Max Brudi oder auch Brax Moody, die Berlin schon länger als Local Suicide verunsichern, sowie Jakob Häglsperger bzw. Kalipo, der auch noch bei Frittenbude wirbelt. Als Dina Summer zeigten sie mit ihrem Debütalbum „Rimini“, wie man Italopop modern aufziehen kann. Und mit „Girls Gang“ setzten sie dem nun noch einen durchtanzbaren Volltreffer drauf.

Die zugehörige Tour darf als voller Erfolg gefeiert werden. Spannende Versionen, interessante Setlist (siehe unten) – und als Krönung ein ausverkauftes Berliner Lido mit durchgeschwitzt begeistertem Publikum. Bevor wir also auf die nächsten Veröffentlichungen hinweisen, lassen wir die drei selbst zu Wort kommen:

depechemode.de: Herzlichen Glückwunsch zum Tourerfolg, u. a. mit einem ausverkauften Lido! Was denkt man sich so, wenn man so wie ihr ja schon eine Weile Musik macht – und jetzt endlich erhöht sich auch der Bekanntheitsgrad?

Dina: Herzlichen Dank! Es war ein großartiges Gefühl, ein legendäres Venue wie das Lido auszuverkaufen. Aber so ganz stimmt das Bild nicht – Dina Summer ist ja noch ein relativ neues Projekt. Unsere erste Veröffentlichung war im Dezember 2021, und seitdem wächst das Ganze stetig. Dass man nach und nach mehr Bekanntheit erlangt, haben wir schon mit unseren anderen Projekten erlebt – Max und ich mit Local Suicide, Jakob mit Kalipo und Frittenbude. Man macht Musik, spielt Gigs, steckt Energie rein, und mit der Zeit wächst die Aufmerksamkeit. Dafür braucht es Geduld und harte Arbeit, aber wer dranbleibt, hat meistens auch Erfolg. Unsere Leidenschaft für Musik ist so groß, dass Aufgeben für uns nie eine Option war. Und bisher hat sich die harte Arbeit langsam, aber stetig, ausgezahlt.

Wie kamt ihr damals – bei „Rimini“ – darauf, ein Album mit Italopop aufzunehmen?

Jakob: Es war nicht so, dass wir von Anfang an geplant hatten, ein Italo-Disco-Album zu machen. Vielmehr haben wir erst mal einfach Tracks produziert, die wir selbst gerne in unseren DJ- und Live-Sets spielen wollten. Die Songs waren von ganz verschiedenen Einflüssen geprägt. Im Laufe des Prozesses wurde uns dann klar, dass die Musik, die wir da relativ befreit gemacht hatten, doch eine starke Verbindung zu Italo-Disco hat. Daraus hat sich dann der Sound weiterentwickelt und schließlich auch der Titel des Albums ergeben.

Und wie kam es dieses Mal – bei „Girls Gang“ – zur Idee, stilistisch doch einiges stark zu ändern und das große Feld des Synthie-/Electropop/New Wave zu beackern?

Max: Wie auch schon bei unserem ersten Album haben wir nicht extra versucht, nach etwas Bestimmtem zu klingen, sondern haben einfach gemacht, worauf wir in dem Moment Lust hatten. Da wir aber in der Zeit, in der die meisten Songs entstanden sind, alle wieder vermehrt zu Konzerten gegangen sind und generell wieder mehr Gitarrenmusik gehört haben, hört man das sicherlich raus. Als wir dann das Gefühl hatten, dass wir einen Sound gefunden haben, den wir spannend finden, und uns vor allem auch gut vorstellen können, den live zu präsentieren, haben wir das weiter ausgearbeitet und alle Songs noch mal etwas gestrafft und aneinander angepasst.

Habt ihr euch da entsprechend vorher noch mal einige Klassiker (und wenn ja, welche – u. a. Bauhaus und Dead Can Dance werden ja explizit genannt) angehört?

Dina: Auf jeden Fall – aber nicht speziell zur Vorbereitung, sondern weil diese Bands sowieso auf unserer Playlist stehen. Wir hören nonstop Musik, und viele Klassiker gehören ganz natürlich dazu. Bauhaus und Dead Can Dance sind definitiv Einflüsse, aber genauso auch viele andere Künstler aus verschiedenen Genres, die uns inspirieren.

Wie entgeht man der Gefahr, Altes nur zu kopieren? Oder: Wie schafft ihr es, die Retrosounds mit der Moderne zu verbinden?

Jakob: Unser erster Impuls beim Musikmachen ist immer, etwas zu erschaffen, das uns emotional berührt. Ob wir dabei das Rad neu erfinden oder ob wir beabsichtigt oder auch unbeabsichtigt etwas aufgreifen, das es so ähnlich schon mal gab, ist im Kontext von Kunst sicher spannend – aber für uns nicht das Entscheidende. Im Mittelpunkt steht für uns das Gefühl, das die Musik auslöst. In unserem Fall ist das oft eine etwas kühle, treibende Stimmung. Erst im Nachhinein denken wir darüber nach, in welche Schublade man das vielleicht stecken könnte. Klar, es gibt hörbare Referenzen an frühere Zeiten – das ist uns bewusst. Der Unterschied zu den alten Klassikern liegt vermutlich vor allem in der Produktion. Die klingt heute einfach anders, weil uns technisch ganz neue Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Und sicher sind unsere Tracks wesentlich stärker auf den Club heutzutage ausgerichtet.

Ich mag ja das Plattencover sehr. Mit dem Gangschriftzug in Pink, dem „Girl“ im Zentrum und der „Gang“ daneben. Cool und lustig zugleich. Wer hatte die Idee – und wie läuft die Visualisierung bei euch generell ab?

Max: Danke, wir sind auch sehr happy mit dem Album Cover! Dieses Mal wussten wir vorab nur, dass wir die Pressefotos von unserer Freundin Katja Ruge machen lassen wollten und haben darauf gehofft, dass ein Foto rauskommt, das auch gut für das Cover passt. Zwischendurch war mal die Überlegung, unsere „Girls Gang“ – welche jetzt übrigens im Innencover der CD zu finden ist – auf das Cover zu nehmen. Am Ende hat sich aber dann doch das Foto von uns dreien in der Mahalla in Berlin mit der ‘Cat Calling Jacket’ von Luise Zucker durchgesetzt. Den Schriftzug hat Franziska Koller entworfen, und Benedikt Demmer hat ihn dann noch mal etwas verfeinert und alles zusammengebastelt.

Habt ihr selbst manchmal „FOMO“? Und was unternimmt man dann dagegen?

Max: Auf jeden Fall! Wir sind alle drei so viel mit unseren verschiedenen Projekten unterwegs, dass man sich oft ärgert, wenn man z.B. Geburtstage/Hochzeiten etc. von Freunden & Familie oder Konzerte & DJ Sets von befreundeten Künstlern verpasst, aber das gehört leider dazu. Weil man auf Tour selbst meist konstant unter Strom steht, bleibt aber nicht viel Zeit, sich deswegen zu ärgern.

Fragen zur Berliner Setlist, im Auftrag von Freunden: Warum wurde „Who Am I“ in einer eher knackig-kurzen Version gespielt? Und warum gab es die Coverversion von Front 242 dieses Mal nicht? Oder generell gefragt: Wie stellt ihr die Setlists für unterschiedliche Anlässe zusammen?

Jakob: In Berlin haben wir ja unser „Girls Gang“-Album-Release gefeiert. Da war es uns wichtig, möglichst viel von den neuen Songs zu zeigen. Deshalb mussten ein paar ältere Stücke und auch Coverversionen, wie z.?B. „Headhunter“, diesmal weichen, damit das Set nicht zu lang wurde. Generell passen wir unsere Sets aber schon immer dem Anlass an: Ein Festival oder Konzert funktioniert einfach anders als eine Clubnacht in einem Berliner Techno-Club. Was mich ehrlich gesagt ein bisschen wundert, ist die Sache mit der kürzeren Version von „Who Am I“ – eigentlich spielen wir den Song immer in Albumlänge. Vielleicht hat sich da ein kleines Raum-Zeit-Loch eingeschlichen. Aber: Wir haben definitiv gemerkt, dass viele nach unserem „Headhunter“-Cover gefragt haben und deshalb ist es inzwischen wieder zurück im Set!

Letzte Frage: What’s next?

Dina: Die erste Runde unserer Tour ist gerade zu Ende gegangen, also ist jetzt erst mal Zeit für eine kleine Pause – bevor es dann das ganze Jahr über weitergeht mit Dina Summer-Gigs. Wir haben alle dieses Jahr extrem viel gearbeitet, daher brauchen wir kurz etwas Luft. Jakob war vorher schon mit Frittenbude auf Tour, Max und ich haben Vollzeit-Jobs und betreiben nebenbei noch unser Label Iptamenos Discos und unseren Verlag Iptamenos Notes. Mit der Dina-Summer-Tour und den ständigen Local-Suicide-Gigs war das Jahr bisher ziemlich intensiv. Wir haben einige spannende Angebote bekommen, zum Beispiel für Shows in Brasilien im Sommer oder ein Festival in den USA. Aber bevor der Wahnsinn im Herbst wieder losgeht, müssen wir kurz durchatmen. Ich komme ja ursprünglich aus Griechenland, und da lebt auch meine Familie – also werden Max und ich den Sommer dort verbringen und von dort aus remote arbeiten. Tourtechnisch legen wir im Sommer eine kleine Pause ein, mit Ausnahme einiger Festivals, bei denen wir einfach nicht Nein sagen konnten. Ab Herbst füllt sich unser Kalender aber schon wieder. Was Releases angeht, bringen wir gerade die 12“ mit Remixen und alternativen Versionen heraus, und danach folgt eine neue Welle von Remixen von unserem Album. Außerdem haben wir jede Menge fast fertige Musik – sobald der Album-Trubel vorbei ist, gibt’s also auch neue Tracks von uns!

Vielen Dank für das Interview!

Da hat Dina es bereits erwähnt: Dem Album folgen noch zwei feine Remix-EPs. Diese Songs schreien ja auch geradezu nach Remixen. Auf der bereits erschienenen ersten EP ragt ein großer Name heraus – und der DJ Hell Extended Mix von „FOMO“ erfüllt die Erwartungen. Wer den verpasst, verpasst etwas! Aber auch die discoide Version, die The Populist aus „Disco Goth“ gemischt hat, oder die Club Version von „Schall & Rauch“ überzeugen, ebenso der Rest.

Und am 23.07. folgt mit Vol. 2 noch einmal Remix-Nachschub. Auch hier keine Ausfälle. Highlights: der eingängige Karassimeon Remix von „Zombie“, der Boys‘ Shorts Remix von „Promise Me“ (mit ein paar Sounds, die Lesern unserer Seite vielleicht vertraut vorkommen könnten …) und der Remix, den The World Domination (Fans von Northern Lite sicher noch bekannt) von „No More Tears“ gezaubert hat.

Dina Summer – Girls Gang kaufen:

PS – die Setlist (Lido Berlin):

Unter Strom
Girls Gang
Schall & Rauch
Rimini
Zig Zag
Halkidiki
Nothing to Hide
Hypnotize
Hide & Seek
Who Am I
Mars
Zombie
Alien
Mirage
All or Nothing
FOMO
Amore
Disco Goth
No More Tears

PPS – Dina Summer live:
26.06. Lärz (Fusion Festival)
09.08. Königs Wusterhausen (Bergfunk Open Air)
29.08. Berlin (Pop-Kultur Festival)
18.10. Nürnberg (mit Klangstabil)
28.11. Lübeck (mit Kalipo hier zusätzlich solo – und auch da steht ein neues Album an)

https://dinasummer.berlin

https://www.facebook.com/dinasummermusic

https://www.instagram.com/dinasummermusic

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

3 Kommentare

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  1. Frischer Wind

    Also ich bin, trotz einfachster Lichtshow, breiigem Sound und „nur“ 1:15h Spielzeit (reicht, man wird ja nicht jünger) nach dem Konzert (München) mit einem viel größerem Grinsen im Gesicht nach Hause gegangen als nach dem VNV-Konzert ein paar Wochen vorher.
    Warum? Weil es von den Dreien richtig eins auf die Zwölf gab.
    Ich feiere schon lange ihre Veröffentlichungen und wurde live auch nicht enttäuscht.
    Statt dem x-ten Pitchfork-, And One- oder VNV-Konzert sollte manch einer vielleicht mal über den Tellerrand schauen und seinen Horizont erweitern.
    Dina Summer lohnen sich auf jeden Fall.

    Antworten
  2. Naja … der Beitrag hat voll seine Berechtigung.
    Ich habe Anfang des Jahres im Büro mal Spotify gestartet.
    Angefangen mit so typischen 80er Sachen.
    Irgendwann habe ich dann einfach durchlaufen lassen und Spotify hat vorgeschlagen.
    Und dann kam da auch Dina Summer.
    Immer wenn ich dann wissen wollte, von wem ein Song ist der gerade da läuft, war das Dina Summer.
    Irgendwann konnte ich das schon am Beginn des Songs erkennen.
    Leider habe ich sie live bisher verpasst.
    Bei mir sind sie jetzt in der Playlist.
    Gefallen mir sehr gut.

    Antworten
  3. Haha

    Nur weil er mal bei Mute gearbeitet hat und Du Anne einen Gefallen tun musstest

    Antworten

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