Weihnachtszeit. Zeit der Besinnlichkeit. Zeit für unsere Reviewtürchen. Und wie der Kollege es schon vorgemacht hat, machen wir jetzt weiter. Einen Tag vor Heiligabend beglücken wir euch mit liegen gebliebenen Reviews zu Legend, Tomas Tulpe und Suicide Commando und vergessen auch die dazu gehörigen Videos zum Reinhören nicht. Viel Spaß mit unserem Vorweihnachtsabendtürchen!
Surrend und bedrohlich schleicht sich der Opener „Cryptid“ vom im Oktober erschienenen Legend-Album „Midnight Champion“ an, tippelt leise ins Ohr, um sich dann zu einem Track zu entwickeln, der auch in einem der Herr der Ringe-Filme seinen Platz gefunden hätte. Mystisch, zauberhaft und „Midnight Champion“ damit schon einmal auf die selbe hohe Stufe wie das Vorgängeralbum „Fearless“ stellend, wurde seitens von Krummi und Bandkollegen ein Song für den ersten Platz auf der Tracklist ausgewählt, der besser nicht hätte sein können. Der Folgetrack „Frostbite“ fügt sich perfekt an und erinnern ein wenig an den in diesem Jahr verstorbenen Chris Cornell. Jede Platte braucht ja so einen Song, bei dem man schon nach den ersten Takten weiß „Das wird ein Live-Highlight“- „Time To Suffer“ ist so einer. Eingänging, durch die Shouts von „Time To Suffer“ und dem einfach zum Ausrasten konzipierten Refrain, kann man gar nicht anders als sich diesen Song auf einem der 2018 kommenden Live-Auftritte zu wünschen. Der Titeltrack „Midnight Champion“ wurde bereits im vergangenen Jahr in Dormagen und in diesem Jahr auf dem Amphi-Festival gespielt. Solider Legend-Song, aber eben nicht der Knaller des Albums. Das ist „Scars“, das einen harte Gitarrenriffs um die Ohren drischt und live total abgehen dürfte. Fazit: Legend haben das mit den Refrains total raus und wie man Liebhaber von Synthesizern und Gitarren befriedigt wissen sie auch. „Midnight Champion“ ist ein absolut würdiger Nachfolger des Debüts „Fearless“.
Bunter könnte die Mischung an Rezensionen einen Tag vor Heiligabend gar nicht sein. Nach den Isländern von Legend widmen wir uns in diesem Türchen Tomas Tulpe und seinem im September erschienenen „In der Kantine gabs es Bohnen“. Ja, man muss schon Piepsmusik mögen und einem darf nichts peinlich sein, wenn man sich dazu bekennt, Tulpe zu mögen. Dabei kann Deutschlands irrster Synthezizerbediener viel mehr als albern abtanzen. Okay, textlich ist das Ganze für den normalen Hörer bestimmt grenzwertig, aber Lebensweisheiten wie „Bananen machen dick“ müssen genauso verbreitet werden wie die Hymne ans Berliner Berghain, das durch einen unheimlich eingängigen Refrain und Melodieminimalismus besticht. „Sweat“ eignet sich zu sehr später Stunde auch als Tanzflächenfüller auf der nächsten Electroparty, denn wer kennt es nicht – es ist warm, man zerläuft vor Hitze und fragt sich, ob das eigene Deo nicht doch gerade versagt. Bestes Lied der Scheibe ist aber der Gute-Laune-Hit „Weekend“. Wer Tomas Tulpe nur als Electroklamauker abtut, tut ihm definitiv unrecht. Er hat einen unsagbar hohen Unterhaltungswert, im Songwriting wird er nie an Mozart heranreichen, muss er auch nicht. Es reicht nämlich, dass „In der Kantine gab es Bohnen“ durchgehend gute Laune und Partystimmung verbreitet.
Von Partyalbum gehen wir in Richtung Hell-Electro und landen bei Suicide Commando und “Forest Of The Impaled”. Was der Belgier Johan van Roy da rausgeschmissen und gemeinsam mit Jan Loamfield (Noisuf-X) produziert hat, kann sich hören lassen. Ohrwurm der Platte ist „The Pain That You Like“, was in gewohnter SC-Manier direkt in die Fresse schlägt. Lieb kann ja auch jeder. Bester Song ist definitiv „Too Far Gone“, was sich durch zahnarztartige Bohrgeräusche vom Unterkiefer ins Hirn frisst und dort stecken bleibt. Wer von der Geräuschkulisse nicht ein wenig Schmerzen bekommt, den gruselt vermutlich nichts mehr. Ungewöhnlich für Suicide Commando beginnt „Poison Tree“ nur mit einem Schlagzeug, dem bald die restliche Instrumentalisierung folgt. Da sind wir bei dem Song auf „Forest of the Impaled“ angekommen, der EBM-Fans und die Stampffraktion auf jedem Konzert und jeder Tanzfläche glücklich machen wird. Mit dem Intro „The Gates of Oblivion“ machen mich Suicide Commando diesmal nicht glücklich. Nero Bellum von Psyclon Nine ist ein nettes Gimmick bei dem Track, aber eben nicht die totale Erfüllung. Solides Suicide Commando-Album, ist gewohnt tanzbar und schlägt ein aber das Tüpfelchen Detailliebe, was ein „hach wie geil“ auslöst fehlt bei dieser Scheibe.