Kürzlich haben wir über die aktuelle Buch-Neuheit „Mute. Die Geschichte eines Labels – 1978 bis morgen“ berichtet. Dieses schön gestaltete Bilderbuch über das „Zufallslabel“ von Daniel Miller, was uns solche Bands und Künstler wie Depeche Mode, Goldfrapp, Nick Cave, Moby, Erasure, Yann Thiersen, Laibach, Nitzer Ebb und Richard Hawley präsentiert hat, sollte dieses Jahr unterm Weihnachtsbaum von allen Popmusik-Fans liegen.
„Zufallslabel“, mit diesem Wort bezeichnet Daniel Miller sein Lebenswerk, denn „… mich interessierte Musik an sich eigentlich kaum, ich fand sie größtenteils recht konservativ – nein, was mir gefiel war die Energie. … dass man, um Musik zu machen, nicht unbedingt ein Virtuose zu sein braucht.“
Die ersten Mute-Künstler – Daniels eigene One-Man-Band, The Normal und Frank Toveys Künstler-Alter-Ego, Fad Gadget – waren wirklich keine Virtuosen, Wegbereiter für Elektro-Musik aber schon. Und dann kamen die Boys von Basildon, die auf einmal „Go!“ sagten und durch die Mute Records 1981 endgültig zum Business wurde.
„Die Gruppe schaffte es mit „New Life“ in Top of the Pops und mit Speak & Spell in die UK Top 10. Obwohl Vince Clarke, von dem die meisten Songs waren, fast unmittelbar darauf eigene Wege ging, wurden Depeche Mode zu einer der wichtigsten Band ihrer Generation. Kurz darauf bescherte uns Yazoo, das erste von Vinces zahlreichen anderen Projekten, unsere erste Nummer 1 in den Albumcharts.“ – so erinnert sich Daniel Miller an diese legendären Zeiten im Mute-Buch.
Kurzinterview mit Vince Clarke
Und welche Erinnerungen hat Vince Clarke, „the man with the Midas touch“, an die vier Jahrzehnte, die ihn mit Mute Records verbinden? Er beantwortete kurz die Fragen von unserem Redakteur, Janos Janurik.
Vince, als wir uns im August in Wien zum letzten Mal getroffen haben, hast Du mir gegenüber erwähnt, dass Du schon ein „Senior-Mitarbeiter“ unter den Mute-Künstlern bist. So kam die Idee, dass ich Dir ein paar Fragen zum Buch „Mute. Die Geschichte eines Labels – 1978 bis morgen“ stelle. Du hast nämlich Deinen eigenen Kapitel („Ab in die Charts“) in dieser Biographie. Hast Du irgendwelche Anekdota über das erste Treffen mit Daniel Miller, dem Gründer des Plattenlabels?
Ich erinnere mich daran, dass Daniel ein ganz schüchterner Typ war und wir ganz schön fasziniert waren, dass wir einen echten Star (The Normal) getroffen hatten.
Mit der frühen Depeche Mode und dann später mit Yazoo hast Du den Sprung in die Charts geschafft. Diese Erfolgsgeschichte konntest Du dann mit Erasure in den 80er und 90er Jahren fortsetzen. Hast Du Dich irgendeinmal unterm Drück gefühlt, dass Du Hit-Songs für Mute schreiben solltest, um die Platten-Verkäufe des Labels zu erhöhen?
Ich hatte niemals ein Druckgefühl, dass ich Hits für Mute schreiben sollte. Mute war doch nie ein Label, das nach kommerziellen Charterfolgen strebte. Daniel ist nur ein Musik-Fan.
Er ist wie eine Vaterfigur für Euch, Mute-Künstler. Fragt Ihr (Erasure) ihn nach so vielen Jahrzehnten noch immer nach seiner Meinung, wenn Ihr an einem neuen Album arbeitet? Gab es solche Situationen, wo Eure Meinungen unterschiedlich waren? Wer hatte dann das letzte Wort?
Wir schätzen wirklich Daniels Meinungen und seine Inputs. Wenn es um Meinungsunterschiede geht, dann verlassen wir uns am Ende auf seine „väterliche Erfahrungen“.
Du bist nicht nur ein Mute-Künstler, sondern hast Du auch Remixe für andere Mute-Künstler wie Fortran 5, Nitzer Ebb, Polly Scattergood, Goldfrapp oder Plastikman gefertigt. Hast Du vielleicht persönliche Lieblinge unter Deinen Label-Kollegen?
Ich denke, dass Fad Gadget ein wahrer Genius war und Polly Scattergood eine echte Künstlerin ist.
Es gab viele Änderungen bei Mute, seit seiner Gründung im Jahre 1978 als Independent-Label. Du bist noch immer einer der namhaften Künstler, die da tätig sind. Was hat Dich dazu bewogen, Daniel treu zu bleiben? Was für ein Gefühl ist das, einen Teil der Geschichte moderner Musik zu bilden?
Ich bin dankbar dafür, eine so privilegierte Position in der Mute-Familie zu haben und dass uns Daniel durch gute und schlechte Zeiten treu geblieben ist. Das ich Teil der Geschichte moderner Musik wäre, bezweifle ich eher…
Hast Du schon dieses Buch über Mute gelesen? Wem würdest Du empfehlen, es zu lesen?
Ich warte noch immer auf meine Kopie, aber diejenige, die sich für Independent-Musik interessieren, sollten es checken.
Wir schließen uns der Meinung von Herrn Clarke an und wir empfehlen Euch von ganzem Herzen, das liebevoll gestaltete Buch „Mute. Die Geschichte eines Labels – 1978 bis morgen“ auf Eure Weihnachtsliste zu nehmen. Es ist wirklich lesenswert und darf in keinem Musik-Bücherregal fehlen.