Mit über 4000 Besuchern war es für das E-tropolis Festival ein neuer Besucherrekord in der Turbinenhalle Oberhausen. Die Besucher waren bunt gemischt und alle Generationen der schwarzen elektronischen Szene feierten friedlich oder auch gewollt aggressiv im Moshpit nebeneinander. Hier folgt nun der Bericht geteilt nach Bühnen, wobei Markus Lambertz (Kollege von Reflections of Darkness) sich der Main Stage angenommen hat und ich, Josie Leopold, für die zweite Bühne in der Turbinenhalle 2 zuständig war.
Main Stage: Centhron, Vomito Negro, Spetsnaz, Grendel, Leæther Strip, Laibach, Project Pitchfork, VNV Nation
Centhron
Eine Band, die vor allem das jüngere Publikum ansprach und zum Tanzen brachte, waren die Bremer CENTHRON. Elmer (Gesang), Markus (Bass) und Anette (Synth) präsentierten Songs aus der letzte Dekade ihres Schaffens und auch aus ihrem in November erschienenen sechsten Album „Biest“. Warum die drei sich in das Genre Viking Harsh Electro einreihen, erkennt man, wenn man die männlichen Mitglieder auf die Bühne treten sieht mit langen Haaren, Army-Klamotten und dem eher untypischen Bass, dazu ausgiebiges Headbanging. Als visuelles Charakteristikum einzigartig und einprägend. Nach den ersten Klängen wird dann auch klar, dass vor allem jüngere Zuschauer die harten, aggressiven Beats nutzen würden, um die Spotlights des sonst eher dürftigen Lichteinsatzes auszunutzen, um mit ausschweifenden Cyberdance-Moves das Festival im Zuschauerraum zu eröffnen.„We are Centhron, raise your fist“ war der Schlachtruf und als Opener haben es die drei Norddeutschen geschafft, vor allem mit Songs wie „Pornoqueen“, die Leute zu animieren mitzusingen und ausgiebig die Arme und Hüften zu schwingen. Trotz allem war die langweilige Lichtarbeit und der eher repetative Sound nach ein paar Songs leicht ausgelutscht und nur für Hardcore-Fans des Aggrotech-Genre bis zum Schluss interessant. Trotz allem ein charismatischer, motivierender Opener.
Vomito Negro
Seit über 30 Jahren im Geschäft war es nun an Mastermind Gin Devo zusammen mit E-Drummer Sven Kadanza das Publikum aufzurütteln- mit Oldschool Electro und EBM. Nach einem fast zu langen Intro gelang es den Belgiern aber schnell die ersten Reihen zum Bewegen und zum Wogen zu bringen. Dies wurde durch den fast schon überraschten Ausdruck „I see here a lot of people!“ gut zusammengefasst, denn bereits am frühen Nachmittag waren wirklich schon überraschend viele Zuschauer vor der Main Stage. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Musikern, bedienten VOMITO NEGRO nun eher die erwachsenere Generation von elektronischen Hörern. Auf der Bühne blieben die Bewegungen des Sängers, als auch wiedermal das Licht eher zurückhaltend, aber sowohl neue Songs wie „Obsession“ aus dem neuen Album „Death Sun“ (2014) , als auch ältere, wie „No Hope, No Fear“ (1989) brachten mehr Leute vor die Bühne. „Black Power“ (2012) brachte die Fans nochmal zum Mitsingen, trotz allem wechselten Hits und eher Standartkost sich ab und den letzten Funken blieb die Band den Fans schuldig. Solider und guter, alter Oldschool Electro, der sich vehement gegen Cybertechno und seine Unterarten wehrt. Leider eher ein Zwischenspiel auf dem Weg zur nächsten Band.
Setlist: Time – Stain – Obsession – In Silent Places – Tape X – Black Power- No Hope No Fear – Save The World
Spetsnaz
Als die Vertreter der neuen EBM-Welle die Main Stage eroberten, blieb das Bühnenbild gewohnt minimalistisch: Mit einem kleinen Kit für PC und E-Drum, welches Stefan Nilsson mit viel Spaß bediente und dabei auch gerne mit dem Publikum Kontakt aufnahm. Sänger Pontus Stålberg rannte von einer Seite der Bühne auf die andere, interagierte mit dem Publikum und feuerte sie an. Nach Stefans Öffnen des Hemdes und einer Wasserdusche zu „Perfect Body“ war es dann mit der letzten Zurückhaltung im Publikum vorbei und sowohl die eher aus dem Metal-Genre stammende „Pommesgabel“, als auch ein größerer brachialer Moshpit entwickelten sich vor der Bühne. Für Fans und Bühnenprotagonisten wäre es bestimmt schöner gewesen, wenn solch eine charismatische Band mit so einer Setlist später am Abend gespielt hätte. Das hätte dann auch eine größere Publikumsbeteiligung zur Folge gehabt. Aber auch so waren der Applaus und das Gegröle der Anwesenden groß. Ein einfaches „Thank You“ zum Abschluss des Gigs bewirkte ebenfalls wahre Wunder und die Schweden von Spetsnaz waren so schon früh am Tag ein kleiner Höhepunkt des Festivals.
Grendel
Die erste Band, die die scheinbar immer schlechter werdende Tontechnik traf, waren die Niederländer von GRENDEL. Die für eine Harsh EBM/Industrial-Band oftmals eingesetzte E-Gitarre von Paul verschwand bis auf wenige Riffs in der Versenkung und die Lautstärke – sowohl von Sänger JD und seiner hinreißenden Sängerin und Keyboarderin Mel – variierten leider. So gingen Hits wie „Timewave Zero“ ein wenig unter und klangen liebloser präsentiert, als sie eigentlich waren. Trotz allem konnte von GRENDEL die positive Grundstimmung der Fans, die von den vorangegangenen Spetsnaz noch sehr gut war, weiter genutzt werden. Und auch wenn Moshpits ausblieben, konnte man die Bewegungen der meisten Zuschauer bis in hintere Reihen erkennen und in begeisterte Gesichter schauen, was vor allem auch am stetig mit dem Publikum agierenden Sänger JD lag. Ein anderes Festival und eine andere Tontechnik würden GRENDEL noch mehr zu einem Erlebnis machen als es hier der Fall war.
Leæther Strip
Eine Stunde Spielzeit deutet an, dass ab jetzt die Größen der dunklen elektronischen Musik auf der Bühne erscheinen. Dazu passend waren nun gefühlt noch ein Viertel mehr Leute als zuvor im Frontbereich der Bühne: Alle bereit, die nun folgenden „Hauptacts“ des Festivals zu feiern. Die Dänen von LAETHER STRIP machten dabei zurecht den Anfang. Seit Ende der 80er Jahre beeinflusst diese Band sowohl Industrial- und EBM-Größen wie Nine Inch Nails, Wumpscut, Suicide Commando, aber auch Metal-Bands wie Fear Factory nehmen sich ein Beispiel an Claus und Kurt für ihre Remixe. Synth-Master Kurt Grünewald blieb symphatisch lächelnd im Hintergrund und überlies die Bühne Mastermind Claus Larsen, welcher leider meist nur in grünlich umherschwenkendem Licht, das Publikum animierte und mit ihm interagierte. Kurze Ansagen wie „Fuck you, Putin!“ und auch schon das Eröffnungslied „Kill A Raver“ trafen dabei genau ins Schwarze und heizten die Stimmung weiter auf, sodass der Moshpit wieder eröffnet werden konnte. Spätestens beim sechsten Song „Crash Flight 232“ wurden die Fäuste geschwungen, die Stimmbänder nicht mehr geschont und die Massen kamen fast vollständig in Bewegung. „Japanese Bodies“ wurde dann von der Masse frenetisch gefeiert und zum ersten Mal wurden danach vereinzelte Zugabe-Rufe laut. LEAETHER STRIP wären in meinen Augen somit die ideale Nachfolgeband von SPETSNAZ gewesen.
Setlist: Kill a Raver – Dirt Decay (Twice a man cover) – Mortal Thoughts – I am Your Conscience – Crash Flight 232 – Black Gold – Evil speaks – Strap Me Down – Adrenalin Rush – Japanese Bodies
Laibach
Viele Techniker auf einer Bühne, Beamer werden installiert, Lichttests, ein Drumkit, fünf Programming-PCs, vier Synth-Anlagen. Es ist Zeit für etwas, was über ein normales Hör-Erlebnis hinausgeht! Als weitere Besonderheit gab es für diese Band keine Ansage vorweg. Unter lautem Jubel und Applaus betraten die Mitglieder der slowenischen Avangarde-Gruppe LAIBACH die Bühne. Als letzter Sänger Milan Fras mit seinem charakteristischen, charismatischen Erscheinungsbild und seiner unverwechselbaren Kopfbedeckung. Zusammen mit Sängerin und Synth-Spielerin Mina Špiler präsentierte Frontmann Milan ein Musik-Kino mit meist abgespielten Ansagen und einstudierten Bewegungen. Selbst der Griff zur Wasserflasche wurde wohlüberlegt und zelebriert. Im Hintergrund präsentierten die Beamer marschierende Stiefel und Damenschuhe, blau-weiße Wolkenfetzen, geometrische und farbliche Muster, tanzende Skelett-Armeen und einiges mehr. Bei dem Song „Under The Iron Sky“ lief das offizielle Video mit Filmausschnitten des fast gleichnamigen Science Fiction –Films. Durch Songs wie „No History“, „Alle gegen Alle“ oder „Tanz mit Laibach“ wurden die EBM und Post-Industrial-Muskeln des sonst fast starren Publikums wieder locker. Als erste Band durfte Laibach dann auch die (geplante) Zugabe „Leben heißt Leben“ spielen. Die Band hätte wohl besser auch einen eigenen Tontechniker mitgebracht: Die nervigen Feedbacks nahmen nämlich arg zu, was das Gesamtbild zum Glück jedoch nur leicht stören konnte. LAIBACH ist ein musikalisches und visuelles Ereignis. Inszenierte Kunst, die man nur von wenigen Bands kennt. Knapp 35 Jahre Erfahrung als Band und Kunst-Ensemble schlagen sich hier auch in meiner Wertung nieder.
Setlist: EUROVISION – WALK WITH ME – NO HISTORY – WHISTLEBLOWERS – B MASHINA – LEBEN—TOD – ALLE GEGEN ALLE – EAT LIVER! – BOSSANOVA – SEE THAT MY GRAVE – TANZ MIT LAIBACH – DAS SPIEL IST AUS – LEBEN HEISST LEBEN
Project Pitchfork
Eine seit 25 Jahren aktive und sogar zweimal für den Musikpreis „Echo“ nominierte Band sollte eine große Bühne für ihre Performance geboten bekommen. Es schien alles wie gewohnt, markante Bemalung und Frisuren, zwei Drumkits, zwei Synths mit Programming und Peter Spilles als gewohnter Eckpfeiler der Dark-Electro-Waver-Gruppe aus Hamburg. „Timekiller“ eröffnete die Setlist von PROJECT PITCHFORK und das Publikum reagierte sehr dankbar und sang und tanzte mit. Auch bei den nächsten Songs, „Blood-Loss“ und „Acid Ocean“ konnte man die gute Grundstimmung halten, die jedoch mit fortschreitender Dauer etwas kippte: Grund war die noch immer miserable Tontechnik und die zu dunkle und neblige Beleuchtung/Nebeleinstellung. Ab der Hälfte der Setlist, vor allem dann zu Liedern wie „Rescue“ und „Fire And Ice“, war die Lautstärke so unerträglich, dass sich die Leute zurückzogen oder ganz aus dem Raum der Main Stage gingen. Dazu kamen langanhaltende Stroboskop-Lichteffekte, die ebenfalls einige Fans dazu brachten, sich von der Bühne abzuwenden. Mit geschlossenen Augen und Ohrstöpseln und einer guten Fan-Attitüde war es ein Auftritt, der solide war. Alle anderen waren wohl eher froh, dass es nach etwas über einer Stunde vorbei war.
Setlist: Timekiller – Blood – Loss – Acid Ocean – Carnival – Blood – Stained – Beholder – En Garde – Conjure – Blood – Diamond – Rain – Souls – Blood – Line – Rescue -Fire And Ice -Blood – Pressure
VNV Nation
Die Headliner des Festivals hatten nun 80 Minuten Zeit das angeschlagene Publikum wieder aufzubauen. Ebenfalls seit knapp 25 Jahren präsentiert Mastermind und Sänger Ronan Harris seine Future-Pop– Kompositionen den Fans. Zusammen mit dem langjährigen E-Drummer Mark Jackson startete die britisch-irische Kombo mit dem ruhigen „Legion“. Hier wurde schon klar, wie sehr die Fans auf die Songs warteten, denn nur eine kurze Handbewegung von Harris reichte aus und das Publikum schrie und klatschte auf, was öfters auf der Bühne für ein überraschtes, freudiges Kopfschütteln sorgte. Es gab viel Interaktion mit dem Publikum, sowohl während der Songs, als auch dazwischen und Band und Fans schaukelten sich gegenseitig hoch, so dass es manchen Leuten vor der Bühne als etwas zu übermütig und zu sehr nach Motivationsseminar klang. Auf der anderen Seite sah man sich manche, vor allem weibliche Fans, kurz gerührt unter die Augen wischen bei Songs wie „Resolution“. So bleibt vom menschlichen Standpunkt ein wenig eine leicht zwiegespaltene Meinung darüber, ob und wie man ein Publikum für sich gewinnt. Musikalisch gibt es kaum etwas zu rütteln, auch wenn man manchmal das Gefühl hatte, Ronan Harris geht etwas sehr legere mit den Textzeilen und ihrer Aussprache um. Ebenso war die Emotion etwas zu aggressiv oder gelangweilt an manchen Stellen, was aber auch an der immer wieder sich ändernden Lautstärke und den ewig nervenden Feedbacks lag, das macht das Leben eines Künstlers nicht gerade angenehmer. VNV Nation waren zwar Headliner und Abschluss des Festivals, aber man hat sie schon in besserer Qualität erlebt. Ob es jetzt nur an der sehr bescheidenen Tontechnik, oder auch an der künstlerischen Laune lag, lässt sich schwer sagen. Und wahre Fans von VNV Nation haben den engen und häufigen Kontakt zu Frontmann Ronan Harris genossen und die Lieder so idealisiert, dass es ein schöner Abschluss eines schwarzen elektronischen Tages war.
Setlist: Legion – Sentinel – Testament – Illusion – Everything – The great divide – The farthest star – Homeward – Space and time – Chrome – Honour 2003 – Resolution – Control – Nova – Perpetual
2nd Stage – Turbinenhalle 2: Phosgore, Ambassador 21, Torul, Solitary Experiments, Frozen Plasma, De/Vision
Phosgore
Phosgore sind vielleicht nur den wenigste ein Begriff und auch in meiner CD-Sammlung tummeln sie sich nur, weil ich vor Jahren über Modulate und irgendwelche artverwandten Sachen zu ihnen gekommen bin. Ich fand damals das Album auf dem sich auch „Pain Tutorial“ tummelte gar nicht mal so schlecht. Aber um mal weg von einer halben CD-Review zu kommen: Die Band spielte vor nur wenig Publikum in der Turbinenhalle 2. Vielleicht ist ein Opener mit 140 BPM auch nicht jedermanns Geschmack, vielleicht waren einige noch auf dem Weg nach Oberhausen oder man sucht einfach in der Aussage „Ist halt der Opener“, die Begründung für die mäßig gefüllte Halle. Ich möchte der Musik hiermit ein hohes Tanzpotenzial bescheinigen, was bei Industrialklängen aber auch fast immer der Fall ist. Ein bisschen Schade war, dass sich Flo und Sonja irgendwie mehr am Pult als auf der Bühne präsent zeigten und so die Performance teilweise recht eintönig daher kam. Schade, denn ich glaube, da geht noch so einiges.
Ambassador 21
Ach du Heimatland! Zumindest irgendetwas, was in diese Richtung geht, schwebt mir jedes Mal durch den Kopf, wenn ich den Bandnamen höre. Und ich kann mich nach all der Zeit immer noch nicht entscheiden, ob ich die Musik der Band nun für Lärm, für pure Kunst oder für klanggewordene Aggression halten soll. Auf jeden Fall haben sie seitdem ich sie das erste Mal gesehen habe, immer Eindruck hinterlassen. Frontfrau Natasha war in ihrem Bikini-Oberteil wirklich nett anzusehen, so dachten vermutlich auch einige im Publikum bis die gute Frau anfing zu singen, oder vielmehr zu schreien. Nach knapp 40 Minuten Geschrei auf Englisch, vermutlich auch auf Russisch (so genau ließ sich das nicht identifizieren bei dem Schreipegel) war die Show vorbei. Zurück blieb wie immer Tinnitus, ein bisschen Verwirrung und schon wieder die Überlegung, ob das jetzt großartig oder nur absoluter Lärm war.
Setlist: Fuck All Systems – Turn Yourself (V.2015) – Riot Generation – Power Rage Riot Death (V.2015) – In Love (V.2015) – Russian Roulette – Face Your Future Killers (V.2015) – Fick Alle Systeme – Coda
Torul
Bereits am Tag zuvor in Frankfurt waren die Slowenen ja absolute Spitzenklasse und so freuten sich meine A21-geplagten Ohren schon auf das, was nun kommen sollte. Ich glaube, dem kompletten Publikum ging es so, denn es wurde merklich voller und hinter mir tummelten sich auf einmal Frauen in Bandshirts, die über TORUL fachsimpelten. Die Setlist bestand neben „Try“ auch aus „The Fall“ und etlichen neuen Stücken vom Album „The Measure“. Wie am Abend zuvor zog Sänger Jan Jenko das Publikum durch pure Existenz und mit Hilfe seiner hypnotischen, einfach faszinierenden Stimme in seinen Bann. Gedanklich befand ich mich irgendwo im Nirgendwo (und das ist jetzt absolut positiv zu verstehen). TORUL machen absolut Musik zum dahinträumen und lassen einen wirklich gut vom Alltag abschalten. Nach 40 Minuten war dann die Streicheleinheit für Ohren und Seele schon wieder vorbei, weil die Band für SOLITARY EXPERIMENTS und ihre Labelkollegen von FROZEN PLASMA Platz machen musste.
Setlist: Lonely Night – The Balance – Difficult to Kill – Hearts – All – Try – The Fall – Show Me Your City – The Sun
Solitary Experiments
SOLITARY EXPERIMENTS sind Vollprofis und haben das Publikum immer wirklich im Griff. Auch der kleine Technikaussetzer sorgte nicht für allzu große Verwirrung und war spätestens bei „Delight“ total vergessen. Nicht nur Dennis Schober sorgte mit seinem Gesang für Mitklatscharien, sondern auch Drummer Frank trug zur Verzückung der Damenwelt bei und animierte maximal zum Mitmachen. Ich glaube jede Band braucht einen Frank. Vielleicht funktioniert das Ganze aber auch nur durch die Mischung aus guter Musik, jeder Menge Professionalität und der guten Laune, die schon durch die Bandmitglieder an sich ausgestrahlt wird. „Stars“ wurde fast noch mehr als der Klassiker „Delight“ gefeiert und so wurde die sympathische Band, deren Mitglieder aus verschiedenen Teilen Deutschlands angereist waren, auch mit einem riesigen Applaus entlassen.
Setlist: Trial and Error – Immortal – Point of View – Game Over – Steering Wheel – Delight – Epiphany – Rise and Fall – Stars
Frozen Plasma
Ich hätte jetzt fast geschrieben, dass Sänger Felix Marc schon allein deshalb von mir einen Pluspunkt bekommt, weil er ein glitzerndes Frozen-Plasma-Logo auf dem Shirt hatte (Für alle, die es noch nicht wussten, ich bin bei vielen als „Glitzerfee“ bekannt und das nicht ohne Grund.), aber er bekommt ihn natürlich für seine absoluten Entertainerqualitäten. Wie am Tag zuvor in Frankfurt konnte sich niemand seinen Aufforderungen zum Mitklatschen entziehen. Die Setlist war eine perfekte Festivalsetlist mit Klassikern und natürlich auch Stücken vom aktuellen Album „Dekadenz“. Freudenpunkt des Abends geht in diesem Fall an Vasi Vallis. Warum? Er schmunzelt oder lacht so selten, wenn er auf der Bühne steht, schaut immer angestreng oder tief konzentriert. Aber beim E-Tropolis huschte ihm doch mehrfach ein Lächeln über die Lippen. Ich bin mir nicht sicher, welches Lied mehr gefeiert wurde: „Murderous Trap“ oder das Cover von „Living on Video“, im Grunde ist das aber auch egal, denn die Turbinenhalle 2 avancierte zur Partyhalle. Nicht nur das Publikum sah nach dem Set sehr zufrieden aus, auch Felix und Vasi umarmten sich am Ende lächelnd.
Solar Fake
Ich könnte jetzt wieder mit der Damenwelt im Solar-Fake-Publikum anfangen, wie sie immer seufzen und schmachten, aber ich glaube, das lasse ich bei diesem Bericht jetzt einfach mal so stehen und gehe nicht näher ins Detail. Maximalen Damenkreischalarm gab es auch gar nicht, sondern eher melancholisches Mitwippen, mitseufzen, mitleiden. Entertainmenthighlight war natürlich wieder André Feller, der exzessiv auf seinem Keyboard spielte und schon allein deswegen einen Applaus verdient hat. Geht man jetzt auf den Kuschelfaktor der Band ein, so lag dieser auch wieder in einem sehr hohen Bereich. Einige Stücke habe sogar ich liebgewonnen (und wir erinnern uns bitte alle daran wie oft ich in den letzten Reviews betont habe, dass es nicht meine Musik ist). Müsste ich mir eines davon aussuchen, so wäre es an diesem Abend wohl „Here I Stand“ gewesen, aber das sei jetzt nur am Rande erwähnt.
De/Vision
Der Band fiel definitiv die Überschneidung mit der Show von PROJECT PITCHFORK auf die Beine, denn so war die Halle leider nur mäßig gefüllt. Steffen Keth und Thomas Adam spielten ihren tanzbaren Synthpop vor weniger dicht gedrängten Reihen, was der Stimmung allerdings nicht auf die Beine fiel. Im Gegenteil Getanzt und mitgeklatscht wurde trotzdem, was vielleicht auch an der hypnotischen Stimme des Sängers lag. Weiterhin Schade für DE/VISION war, dass im Anschluss VNV Nation als Headliner auf der Mainstage spielten und so gegen Ende des Konzerts schon fast alle Besucher in Richtung Main Stage drängten.
Setlist: Brothers in arms – mAdroids – Binary Soldier – Strange affection – I’m not dreaming of you – Love will find a way – I’m not enough – What’s love all about – Try to forget – Rage – Your hands on my skin
Fazit: Die Organisation des Festivals war super und es gab auch kaum tragische Überschneidungen. Was ich allerdings bemängeln möchte, ist die Sinnlosigkeit des Bonbezahlsystems. Am Anfang muss man Geld in Bons umtauschen, um dann dafür Essen oder Getränke erwerben zu können. So weit, so gut. Nur zurück tauschen kann man die Bons am Ende nicht mehr und verliert dadurch Geld. Ich bin der Meinung, dass das nicht nur besucherunfreundlich, sondern auch nicht gerade rechtskonform ist. Jeden Bon kann ich zurück in Geld tauschen oder zumindest später wieder verwenden. Das ist bei den Wertbons in der Turbinenhalle nicht der Fall, denn sie sind farblich sortiert und mit einer Jahreszahl versehen. Während ich also auch jeden Gutschein, jeden Wertbon von einer Tankstelle unbegrenzt später wieder verwenden kann, ist das hier nicht der Fall. Vor allem für die Besucher, die nur einmal im Jahr in die Turbinenhalle pilgern ist das ein großes Ärgernis. Auch sollte man in Zukunft vielleicht ein oder zwei weitere Ess-Stände organisieren, damit es nicht zu kilometerlangen Schlangen kommt.
Als fader Nachgeschmack bleibt, dass die Soundtechnik gerade auf der Main Stage entweder zu laut oder zu leise eingestellt war und so den Gesamteindruck von VNV Nation, die sonst eine gute Show abgeliefert haben, sehr geschmälert hat. Ebenfalls zu bemängeln ist die sehr zurückhaltende Lichtshow bei den „kleineren Bands“ auf der Main Stage, die so die Darbietungen nicht optimal unterstrich. Bei einigen Besuchern stießen wohl teilweise überhöhte Preise der Lebensmittel auf Unverständnis, ebenso wie der nicht überdachte Raucherbereich. Aber das sind zum Teil wohl eher Luxusprobleme, die den Gesamteindruck des Festivals kaum schmälern: Die Venue, das Personal, die Security waren sehr nett und freundlich. Die Moderation von Honey von Welle:Erdball zwischen fast allen Bands war gewohnt solide und bot einen großen Unterhaltungswert, den so wohl niemand erwartet hätte.
Wer sein Lob äußern möchte oder auch seine persönliche Kritik kund tun will, kann dies auf der Event-Homepage in der eigens dafür vorgesehenen Umfrage tun. Ganz nebenbei gibt es für alle Teilnehmer 5×2 Tickets für das E-tropolis Festival 2016 zu gewinnen. Dieses wird am 5. März 2016 dann schon zum dritten Mal in der Turbinenhalle Oberhausen stattfinden. Erste Acts sind mit The Cassandra Complex, Assemblage 23, Diorama, Winterkälte und Legend bereits bestätigt.
Mehr Bilder von der Veranstaltung findet ihr auf www.black-cat-net.de.