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Album am 20.01., Tour im März

Austra im Interview – Teil 1: „Star Trek ist mein Utopia.“

Berlin, 8. November 2016. Zweiter Interviewanlauf, nachdem der erste Versuch am Vortag an einer widerspenstigen Berliner S-Bahn gescheitert ist. Doch nun sitzt uns – in den gemütlichen Räumen der Labels Mute und Domino – Katie Stelmanis, Sängerin von Austra, gegenüber. Es wird politisch und zukunftsorientiert.

depechemode.de: Vielleicht ist es nicht die richtige Frage zum Einstieg, aber: Bist du gespannt auf die Wahlnacht heute [an jenem Abend wurde in den USA der neue Präsident gewählt, wie katastrophal das ausging, wissen wir ja alle, Anm. d. Autors]?

Katie Stelmanis: Nein.

Hast du eher Angst davor?

Eigentlich vergesse ich das Ganze dauernd. Ich fühle mich emotional nicht so stark daran beteiligt.

Ich kam über den Albumtitel darauf. Da müssen doch eine Menge politische Gedanken gewesen sein.

Ja, aber nicht so sehr zum Thema amerikanische Wahlen. Keiner dieser Politiker diskutiert über die Themen, die ich für bedeutend halte und die mich zu „Future Politics“ inspirierten. Für mich sind diese Wahlen nicht so relevant, da ist mehr Schein als Sein.

Wie sollte diese zukünftige Politik deiner Meinung nach aussehen?

Ich denke, dass unsere politischen Systeme unfähig sind, mit den wichtigsten Themen umzugehen. Wie zum Beispiel der Umwelt und dem Klimawandel. Das war in dieser eben angesprochenen Wahl gar kein Thema. Unsere Art zu leben, unser Wirtschaftssystem. Wir können den Klimawandel so gar nicht angehen, da alles auf stetiges Wachstum ausgerichtet ist. Wir müssen uns in jedem Sinne auf mehr Nachhaltigkeit umstellen und aufhören, die ganze Zeit nur Geld machen zu wollen.

Denkst du, dass es dazu in der nahen Zukunft kommen könnte?

Keine Ahnung. Es ist unmöglich vorherzusagen, aber ich denke, die Menschen aus meiner Generation – und auch die aus älteren und jüngeren Generationen – sollten in der Lage sein, zu verstehen, dass es keine Begrenzungen gibt in dem, was in der Zukunft möglich wäre. Die Politiker sagen immer, es gibt Option A oder Option B, und das ist alles – das ist eine totale Lüge. Es gibt viel mehr Möglichkeiten, wenn nur genug Leute ein Interesse daran entwickeln.

Ist es nicht immer ein Problem, dass am Ende die Gier größer ist als der Verstand?

Ja, Gier wird immer ein Problem sein. Ich kam auf den Albumtitel, nachdem ich das „Exhilarationism Manifesto“ gelesen hatte. Es gibt da jede Menge Autoren, Philosophen und Ökonomen, die sich vorstellen, wie die zukünftige Welt aussehen könnte. Leider gibt es diese Überlegungen oft nur in diesem eng gestrickten akademischen Kreis. Es wäre interessant, wenn die Allgemeinheit da mehr teilhaben würde. Wie in den 70er Jahren, als die Menschen an der Zukunft interessiert waren, damals wurde so viel gute SciFi geschrieben. Dystopien, Utopien. So etwas gibt es heute kaum. Im „Exhilarationism“ glaubt man daran, dass die Technologie uns vom Kapitalismus befreien wird. Die Technologie wird so weit fortschreiten, dass die Leute nicht mehr arbeiten gehen müssen. Es wird keine Knappheit geben. Wie in „Star Trek“ – da gibt es dann den Replikator. Vereinfacht gesagt könnte die Technologie uns an einen Ort bringen, wo keine Knappheit herrscht. Wenn keine Knappheit herrscht, gibt es keinen Grund mehr für Gier, denn jeder kann haben, was er braucht. Obwohl die Gier natürlich weiter existieren würde. Aber man braucht keinen Kapitalismus um zu überleben, etwas zu essen zu haben und jeden Tag leben zu können. Das ist das, woran diese Leute glauben – und es gibt noch jede Menge anderer Ideen.

In Deutschland – in ganz Europa – gibt es derzeit viele Diskussionen über das Prinzip des bedingungslosen Grundeinkommens.

Ja, in Kanada auch. Das wäre großartig. Man muss es aber richtig angehen. In Kanada würden sie es vielleicht machen, dafür dann aber alle anderen sozialen Dienste abschaffen.

Diese Sorge hat man hier auch… Na, mal sehen, wo das alles hinführt… Das Video zu „Utopia“ sieht sehr nach einem Science-Fiction-Film aus. Wo kam die Idee her, von dir, vom Regisseur?

Das war eine sehr kooperative Arbeit. Wir wollten, dass es in der Zukunft spielt. In einer Art von dystopischer Zukunft. Ich weiß nicht, wie es hier ist, aber in Toronto, wo ich herkomme, wird gerade alles von diesen fürchterlichen Glaswohnbauten übernommen. Überall identische Kästen mit großen Fenstern. Das Video ist wie ein Kommentar dazu, wie eine Welt voll mit diesen unpersönlichen Boxen aussehen könnte. Die ganze Kommunikation findet über technologische Geräte statt – worauf wir ja in etwa hinsteuern. Es zeigt auch wie einsam das ist.

Der Text geht auch in diese Richtung, mit dem Thema Einsamkeit. Kommt das aus eigener Erfahrung?

Es ist eher etwas, wovor ich mich fürchte. Es gibt einige Anzeichen, dass das die Richtung ist, in die wir uns bewegen. Persönlich ist mir das noch nicht widerfahren, was gut ist. Der Song ist ein Plädoyer für einen anderen Weg. Diese Realität umgibt eine Traurigkeit und eine Sehnsucht nach einer anderen Art zu leben.

Utopia“ steht auch als Titel in literarischer Tradition, wenn man an Werke von z.B. Thomas Morus denkt. Hast du vorher etwas in dieser Richtung gelesen?

Absolut. Viel SciFi aus den 70ern, wie gesagt, auch aus den 60ern. Offensichtliches wie „1984“ [von George Orwell] und „Brave New World“ [von Aldous Huxley]. All diese Bücher mit Zukunftsvisionen. Selbst „Animal Farm“ [wieder Orwell], ich liebe „Animal Farm“.

Na unbedingt, ein Meisterwerk!

Und ich habe jede Menge „Star Trek“ geguckt. „Star Trek“ ist so ungefähr mein Utopia. Jemand [Manu Saadia] hat sogar ein Buch namens „Trekonomics“ geschrieben.

Das „Star Trek“-Universum ist positiver als die dystopischen Zukunftsentwürfe. Hast du den letzten Kinofilm gesehen?

Noch nicht. Ich kam erst vor ein paar Jahren zu „Star Trek“. Ich arbeite mich gerade erst durch „The Next Generation“, ich möchte das nicht zu schnell angehen. Ich will mir unbedingt auch die Kinofilme ansehen, aber nach „TNG“ kommt erstmal die Originalserie, dann „Deep Space Nine“, dann vielleicht die Filme [lacht].

Vergiss auf keinen Fall „Voyager“! Das ist so mein heimlicher Favorit.

Das ist die Serie mit dem weiblichen Captain, richtig? Ich habe schon gehört, dass die auch richtig gut sein soll.

Und nächstes Jahr kommt noch eine neue „Star Trek“-Serie, auf Netflix.

Wow. Ich denke, ich werde mir das alles ansehen. Aber ich fühle mich so emotional mit den Charakteren von „TNG“ verbunden, dass ich mir kaum jemand anderen vorstellen kann.

Sind ja auch großartige Schauspieler.

Ja. Captain Jean-Luc Picard ist der Beste [strahlt].

Fortsetzung folgt, wenn das Album draußen ist („Future Politics“ gibt es ab dem 20.01. zu hören) – dann geht es vorwiegend um die Musik auf dem Album. Und über Mexiko. Und mehr. Jetzt haben wir aber auch noch die aktuellen Austra-Tourdaten für euch:

06.03.17 Hamburg, Uebel & Gefährlich

08.03.17 Berlin, Astra

09.03.17 München, Ampere

10.03.17 Leipzig, Conne Island

18.03.17 Köln, Gloria

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www.austramusic.com
www.facebook.com/austraofficial

Fotocredit: Renata Raksha

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

3 Kommentare

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  1. „Raumschiff Enterprise“ heisst das glaub ich immernoch :)

  2. Warum allerdings

    bei Utoo sich gleich 9 Wichtigtuer aufspielen.. ich wills gar net wissen.

  3. Nach der ersten Flachzangenfrage aufgehört zu lesen.

Kommentare sind geschlossen.

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