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Interview mit A Spell Inside

„5 Jahre sind aus Musikersicht gar nicht lang!“

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Von Michael Horling

Diesen Freitag, den 7. Juni, erscheint mit โ€žMasterplan“ (Amazon*)das neue Album von A SPELL INSIDE. Und gleich am Tag danach tritt das Trio in Leipzig beim Wave Gotik Treffen in der Moritzbastei auf. Punktlandung also!ย depechemode.deย sprach mit Sรคnger Michael โ€žMel Rowโ€œ Roeder.

depechemode.de: Neue CD und Auftritt in Leipzig: War der Verรถffentlichungstermin bewusst so gewรคhlt?

Michael Roeder: Bewusst nicht. Aber als Ende letzten Jahres klar war, dass wir beim WGT dabei sind, hat unser Label das so gedeichselt, dass der Vร– auf jeden Fall vor dem Pfingst-Wochenende liegt. Man muss wissen, dass wir zum Schluss mรคchtig Gas geben mussten, um diesen รผberhaupt zu halten. Dass es jetzt genau ein Tag vor dem WGT Auftritt ist, ist natรผrlich eine schรถne Sache.

Was habt ihr eigentlich seit 2014 und โ€žAutopilot“ gemacht? Sinnlos durch die Gegend geflogen ;-) ?

Michael Roeder: Schรถn wรคrโ€™s. Leider ist unser aller Leben zu voll gestopft zum reinen Zeit Verdaddeln. Wir haben alle Jobs, die uns sehr fordern. Und nach einer CD-Produktion bin ich persรถnlich immer ziemlich leer, dass ich es meist Monate lang vermeide ins Studio zu gehen. Das braucht dann immer ein Weilchen, bis ich wieder motiviert bin und genรผgend Energie getankt habe, neue Songs zu schreiben. Die entstehen dann auch nicht am ReiรŸbrett, sondern รผber einen lรคngeren Zeitraum. Insofern klingen 5 Jahre vielleicht lang, sind sie aber aus Musikersicht gar nicht. ;)

Diesen fรผnf Jahres-Rhythmus gibtยดs ja schon seit 2004 und โ€žVitalizer“. 2009 erschien โ€žLoginside“. Gegen Euch sind Depeche Mode ja richtig fleiรŸig...

Michael Roeder: Wie gesagt, hat das mit Zeit und Energie zu tun. Dass es jetzt wieder 5 Jahre sind, war definitiv nicht geplant. Wir verรถffentlichen auch erst dann ein Album, wenn wir 100-prozentig sicher sind, dass es sich auch lohnt. Bei uns steckt zum Glรผck kein finanzieller Druck dahinter. Und wir haben auch ein Label, das uns da ziemlich feie Hand lรคsst โ€“ wenngleich es aus Marketing-Sicht natรผrlich ein Drama ist, nicht schneller nachzulegen. Weil Du eigentlich jedes Mal wieder von vorne anfangen musst.

Ehrlich gesagt hatte ich auf โ€žMasterplan“ ein paar deutschsprachige Titel mehr erwartet nach โ€žAutopilot“ mit fast nur deutschsprachigen Texten. Warum die Rรผckkehr ins nahezu ausschlieรŸlich Englische?

Michael Roeder: โ€žAutopilotโ€œ war eine einmalige Aktion. Nachdem wir auf den Alben davor immer einen deutschsprachigen Track hatten, fanden wir es eine spannende Idee, das einmal umgekehrt zu handhaben. Es wird aber bei dem einmaligen Versuch bleiben. Nicht weil es keinen SpaรŸ gemacht hรคtte oder die Songs schlecht wรคren. Wir haben nur festgestellt, dass Englisch doch eher unsere musikalische Sprache ist, in der wir uns wohl fรผhlen. Und das Texte schreiben, fรคllt auch etwas leichter.

Was ist das, was man da auf dem Cover von โ€žMasterplan“ sieht?

Michael Roeder: Das ist eine gewaltige Serverbank, die all unser Wissen und noch mehr speichert. Die wahrscheinlich grรถรŸte Bedrohung fรผr unsere freie Gesellschaft, wie wir sie kennen und schรคtzen. Aktuell kann noch niemand so richtig abschรคtzen, was mit Big Data in naher Zukunft alles mรถglich sein wird. Wenn dann noch intelligentere Algorhythmen und AIโ€™s dazu kommen, kann es fรผr die individuelle Freiheit schnell gefรคhrlich werden. Es ist ja heute schon so, dass wir im Social Media auf uns abgestimmte Realitรคten serviert bekommen, die auf unsere Interessen und Suchgewohnheiten abgestimmt sind. Und Alexa und Siri belauschen uns sowieso, wo sie nur kรถnnen.

Nachdem unser Interview ja so kurzfristig zustande kam, konnte ich in die neue Scheibe nur durch die Snippets reinhรถren. โ€žElektro-Wave-Pop der nรคchsten Stufe“ versprecht ihr und ein wieder etwas dรผsteres Album. So frisch, wie das Werk nun noch ist: Fรผhlt sichยดs gerade noch an wie die beste CD, die ihr gemacht habt?

Michael Roeder: Jedes Album, das man frisch raus bringt, ist immer gefรผhlt das beste Album. Das ist ja das Schรถne. Ob dem dann wirklich so ist, das kann man erst mit einigem Abstand sagen. Dennoch glaube ich, dass uns mit MASTERPLAN ein wirklich gutes Stรผck Electro-Wave-Pop gelungen ist. Ich hรถre es jedenfalls immer noch sehr oft und entdecke immer wieder Neues. Auch meine Lieblingssong wechseln von Woche zu Woche. Das ist meist ein gutes Zeichen. Wie gut das Album am Ende wirklich ist, das mรผssen aber unsere Fans, die Reviews und auch die Verkaufszahlen belegen.

โ€žAutopilot“ war ja recht erfolgreich. Kann man dann auch richtig Geld mit der Musik verdienen oder spielt das finanziell keine Rolle bei Euch?

Michael Roeder: Dazu ein ganz klares โ€žNeinโ€œ. Geld verdienen wir nicht wirklich, wenn man dagegen rechnet, was wir immer wieder investieren. Allein sich technisch auf dem neuesten Stand zu halten, wird durch Verkรคufe alleine nicht gedeckelt. Das ist aber gar nicht schlimm. Im Gegenteil. Da wir uns schon vor lรคngerer Zeit bewusst gegen ein Leben als โ€žBerufsmusikerโ€œ entschieden haben, sind wir finanziell unabhรคngig und kรถnnen wirklich unser Ding machen … und uns auch mal 5 Jahre Zeit mit einem neuen Album lassen.

Ich war gerade der 26.582., der auf YouTube das Video zum Song โ€žFrei sein“ angeklickt hat. Keine so schlechte Zahl, zumal die internationalen Kommentare nur lobend ausfallen. Aber hรคttet Ihr in dem Text nicht die CSU kritisieren kรถnnen wie dieser Rezo? Der hat exakt 1.631.837 Abonnenten…

Michael Roeder: Ich muss zugeben, bis zu seinem Video kannte ich ihn gar nicht. Und da wir keine โ€ždigital nativesโ€œ sind, mรผssen wir uns wohl โ€žnurโ€œ mit fรผnfstelligen Klickraten zufrieden geben. Wir sehen uns da eher als โ€žMicro Influencerโ€œ. Aber man kann zum Glรผck auch im Kleinen GroรŸes bewegen.

โ€žEternally“ habe ich auch gerade entdeckt. Auf โ€žAutopilot“ gabยดs den Song noch in Deutsch. Warum eine zweite Version – und warum findet man die nicht auf โ€žMasterplan“?

Michael Roeder: Das war die zweite Single und die haben wir damals sogar als freien Download zum Video-Release angeboten. Ich meine, die gibt es sogar immer noch auf unserem Soundcloud-Profil … also, schnell mal nachgucken. Bei โ€žEwigโ€œ hatten wir einfach das Gefรผhl, dass es eine gute Single ist, er dafรผr aber ein englisches Pendant braucht. Wir hatten sowieso ursprรผnglich geplant โ€žAutopilotโ€œ als Doppel-CD mit englischer und deutscher CD rauszubringen. Davon war unser Label aber nicht sonderlich begeistert.

Wer hat produziert, wie lange habt Ihr insgesamt an โ€žMasterplan“ gearbeitet?

Michael Roeder: Der reine Produktionsprozess lief schon ein gutes Jahr โ€“ ohne Songwriting. Und im Gegensatz zu vorher haben wir dieses Mal sehr kooperativ gearbeitet, das heiรŸt, wir hatten verschiedene tatkrรคftige Unterstรผtzer. An allererster Stelle sei da Kim erwรคhnt, ein sehr guter Freund aus Berlin, der uns im Produktionsprozess sehr professionelle unterstรผtzt hat. Er hatte bereits ein paar Tracks zu unserem vorletzten Album โ€žLoginsideโ€œ beigesteuert. Und dann zum Glรผck auch fรผr โ€žMasterplanโ€œ fรผnf Songs รผbernommen und produziert, wodurch wir musikalisch auf ein ganz neues Level gekommen sind. Ohne ihn wรคre das Album definitiv nicht so gut geworden. Darรผber hinaus gibt es auch bei den Lyrics verschiedene Autoren, unter anderem Nicko, ein langjรคhriger Freund und Poet aus Finnland, wodurch neue Sichtweisen hinzu kamen.

Stell uns doch mal schnell Deinen Lieblingssong der neuen Scheibe vor…

Michael Roeder: Wie gesagt, wechselt der zum Glรผck รถfter. Aber einer, der durchgehend auf meiner persรถnlichen Playlist steht, ist โ€žRiseโ€œ und auch โ€žBallerinaโ€™s poemโ€œ.

Seit โ€žVisions from the Insideโ€œ sind auch schon wieder 23 Jahre vergangen und ihr seid sicherlich nun doppelt so alt wie damals (ohne dass ich genau wissen will, wie alt Du bist…). Macht man mit der Erfahrung bessere Musik oder sprudelten in den jรผngeren Jahren die kreativen Ideen noch mehr?

Michael Roeder: Ich denke, Du bist in jungen Jahren unverkrampfter und auch unkonventioneller. Probierst mehr aus, weil Du Deinen Stil noch finden musst. Auch was das Songwriting angeht, sind sicherlich mehr Emotionen im Spiel, was man in der Musik auf jeden Fall spรผren kann. Sturm und Drang bringt es wahrscheinlich gut auf den Punkt … mit den Jahren รคndern sich dann die Prioritรคten. Es kommt Erfahrung hinzu und man wird etwas abgeklรคrter. Vielleicht verlรคsst man einfach seltener die Komfortzone. Vielleicht mit ein Grund, warum zum Beispiel die letzten Depeche Mode Alben eher enttรคuschend waren. Wir versuchen, uns unsere Unbekรผmmertheit ein bisschen zu bewahren und probieren jedes Mal, persรถnliche Erfahrungen und Herzblut in die Songs zu bringen. Auch ein Grund, warum es bei uns mit den Releases eher lรคnger dauert.

Was macht Dein zweites Bandprojekt Behind the Scenes?

Michael Roeder: Das liegt erst einmal auf Eis. Keine Ahnung, ob es nochmal weiter geht. Es gibt da aktuell auch keinen Kontakt untereinander, obwohl wir bereits ein paar Songs fรผr ein neues Album vorproduziert hatten. โ€žRiseโ€œ war zum Beispiel ein Song, den ich ursprรผnglich fรผr BTS geschrieben hatte. Und ich finde, das hรถrt man auch ein bisschen.

Bist Du jemand, der sich alles aus dem Bereich Synth-Pop und Wave anhรถrt? Welche aktuellen Bands und Scheiben magst Du, von wem wรผrdest du gerne wieder neues Material hรถren?

Michael Roeder: Puh…, ich muss zugeben, dass ich da ein bisschen den รœberblick verloren habe. Es gibt inzwischen auch einfach zu viele Acts. Man hat den Eindruck, jeder macht inzwischen Musik. Und leider ist nicht viel Neues und auch viel Schrott dabei, der mir es dann oft verleidet weiterzusuchen. Aber hin und wieder entdecke ich dann doch ein paar Highlights. โ€žSeadrakeโ€œ gefรคllt mir zum Beispiel ausgesprochen gut. Oder auch โ€žZynicโ€œ und โ€žDecadโ€œ. Daneben hรถre ich mir natรผrlich immer gerne die neuen Werke von den SzenegrรถรŸen wie โ€žMeshโ€œ, โ€žAnd Oneโ€œ oder โ€žCovenantโ€œ an, um mich ein bisschen zu orientieren. Ich hรถre aber auch wirklich gerne Musik aus anderen Sparten. โ€žBanksโ€œ finde ich sehr beeindruckend und innovativ, obwohl es stark Rโ€™nB geprรคgt ist, womit ich sonst eigentlich nicht so viel anfangen kann.

Was macht Ihr Drei im normalen Leben, wenn ihr nicht CDยดs aufnehmt, in Leipzig live spielt oder Interviewfragen beantwortet?

Michael Roeder: Wir haben alle drei ganz normale Jobs, mit denen wir unser Geld verdienen und die uns sehr einspannen. Dazu haben wir noch unsere Familien und diverse Interessen, die auch mal nichts mit Musik zu tun haben. Ich mache zum Beispiel viel Outdoor-Sport und habe seit letztem Jahr meine Liebe zum Surfen entdeckt.

Ich รผberlege gerade, was man sich in Neuss, wo Ihr ja herkommt, unbedingt mal anschauen mรผsste, wenn man in der Gegend ist…

Michael Roeder: Als Nicht-Neusser natรผrlich das Neusser Schรผtzenfest am letzten August Wochenende. Ich glaube, mit Hannover das GrรถรŸte seiner Art. Und dann natรผrlich die Skihalle โ€“ da lรคuft dann aber beim Aprรฉs Ski definitiv andere Musik (lacht). Und es gibt eine sehr gute Eisdiele bei mir um die Ecke.

Ich komme aus dem unterfrรคnkischen Schweinfurt. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Ihr die letzten 25 Jahre im Umkreis von 200 Kilometern noch nie aufgetreten seid, oder?

Michael Roeder: Da muss ich Dich leider enttรคuschen. Auch wenn wir nicht ganz so oft spielen, hatten wir schon Shows in Frankfurt, Mรผnchen oder GieรŸen. Sogar in Rรผsselsheim haben wir vor drei Jahren noch gespielt. Das mรผsste alles in den 200 km Radius fallen. Aber wir geloben Besserung.

Gibtยดs so typische Ecken in Deutschland oder Lรคnder in Europa, wo A SPELL INSIDE richtig bekannt sind? Irgendwo habe ich mal gelesen, in Schweden und Finnland mag man Euch ;-)

Michael Roeder: Oh ja, die Skandinavier haben einfach einen guten Musik-Geschmack. Wir hatten in der Vergangenheit in der Tat ein paar Konzerte dort, die alle ganz besonders waren, weil die Leute sehr offen sind, auf den Konzerten einfach feiern wollen und einen nach der Sperrstunde noch zum Weitertrinken zu sich nach Hause einladen. Das war immer sehr lustig. Allerdings gibt es dort keine so groรŸe Szene, dass es meist noch schwieriger ist als hierzulande, Konzert-Slots zu bekommen. Auf jeden Fall haben wir es jedes Mal sehr genossen, dort zu spielen.

Ach ja, live: Gibtยดs ยดne Tour zum โ€žMasterplan“? Und wenn ja; Wann und wo kann man Euch sehen?

Michael Roeder: Eine richtige Tour ist bislang nicht geplant, weil wir keine Booking-Agentur haben und uns um alles selber kรผmmern. Das macht es nicht einfacher. Aber das eine oder andere Konzert wird es mit Sicherheit geben. Aktuell sind wir an zwei Shows dran, die wir hoffentlich bald รถffentlich verkรผnden kรถnnen.

Was erwartet die Fans am Samstag in der Moritzbastei?

Michael Roeder: Ich sagโ€™s mal so: ein buntes Potpourrie aus neuen und alten Sachen. Da MASTERPLAN erst einen Tag vorher raus kommt, haben wir uns รผberlegt auch ein paar alte Bekannte zu spielen. SchlieรŸlich wollen wir keinen รผberfordern und wenn man hier und da mitsingen kann, macht es allen ein bisschen mehr SpaรŸ. Unser Slot lรคsst Zeit fรผr 10 Songs. Es lohnt sich also definitiv zu kommen, zudem die Moritzbastei eine der schรถnsten Locations ist, wie ich finde. Ach ja, und wem es gefallen hat, der kann im Anschluss gerne bei uns hรถchstpersรถnlich die MASTERPLAN kรคuflich erwerben. Persรถnlicher GruรŸ inklusive, sofern das jemand mรถchte.

Alles Gute – und erstmal viel SpaรŸ in Leipzig!

Michael Roeder: Vielen Dank fรผr das ausfรผhrliche Interview.

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