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Im Soundcheck: Broken Bells, Mogwai, Solander und The Hidden Cameras

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Höchste Zeit, mal wieder den Soundcheckautomaten anzuwerfen. Was spuckt denn die Maschine heute so aus. Oha, eingängige (Nicht-)Disco, Raves, die eher Soundtracks sind, Folk, der Strom verträgt und kanadischen Geigen-Wave-Pop mit Attitüde. Na denn man tau:

Broken_Bells_Albumcover

Brian Burton aka Danger Mouse und James Mercer aka „Der Sänger von The Shins“ haben es wieder getan. War aber auch zu erwarten, nachdem die Zusammenarbeit beim ersten Album als Broken Bells schon so harmonisch und vor allem erfolgreich funktioniert und uns Hymnen wie „The High Road“ oder „The Ghost Inside“ beschert hatte. Mit „After The Disco“ gibt es nun reichlich Ohrwurm-Nachschub.

Und es scheint einfach zu flutschen bei den beiden. Ob das Album nun für die Uhrzeit nach dem Discobesuch geeignet ist, darf zwar bezweifelt werden. Denn einige der Hits hier passen besser zu wacheren und fitteren Momenten der Nachtgestaltung. Aber das war ja auch eher inhaltlich gemeint, denn die Melancholie ist hier immer dabei, Texte und Töne gehen, wie so oft auf guten Alben, streckenweise weit auseinander. Denn die Musik selbst lässt den Hörer meistens eher selig strahlen als in sein Getränk weinen.

Zum Beispiel mit den drei fantastischen Songs zu Beginn. „Perfect World“ poliert die Synthesizer auf Hochglanz und bleibt sofort in Ohr und Bein. Beim Titelstück bestätigt sich gleich danach, wie gut Songwriting und Produktion hier zusammen passen. Und die Single „Holding On For Life“ erinnert mit ihrem kecken Refrain an die guten Momente der Bee Gees. Ja, selbst bei akustisch schlichter beginnenden Songs wie „Leave It Alone“ ist der hymnische Moment nicht weit. Bis zum Ende halten die Broken Bells das Euphorielevel hoch. Dieses Album kann einen enorm beflügeln. – 8,5 von 10 Endorphinschüben


mogwai_rave

Schotten und ihr Humor. Bei Mogwai lässt jener sich zumeist bereits am Albumtitel erkennen. Schon der Titel ihres letzten (wenn man ein Remixalbum und einen Soundtrack ausklammert) Albums „Hardcore Will Never Die, But You Will“ (2011) war großartig und kaum zu toppen. Dieses Mal fassen sie sich kürzer und landen mit „Rave Tapes“ nebst passendem Cover erneut einen Brüller, wenn auch etwas subtiler.

Denn die Glasgower Band, die sich ihre Fans mit (größtenteils) instrumentalem Postrock und ohrenbetäubenden Konzerten erspielt hat, macht auf ihrem achten Studioalbum nun natürlich keineswegs einen auf Ballermann. Was aber tatsächlich zutrifft: So elektronisch waren sie noch nie. Die Gitarren sind zwar immer noch da, aber weder im Breitwandformat noch als Lärminstrument, sondern als ergänzender und oft eher im Hintergrund agierender Klangbaustein. Dafür dominieren die Keyboards. Ambiente Flächen, verspielte Melodiefragmente. Schichtweise werden Sounds und mehr Sounds aufgetragen, ohne dass es jedoch zu einem Brei wird.

Stattdessen dient alles der Schaffung von Atmosphäre. Ganz langsam entwickeln die Stücke ihren Sog. Es gibt schon echte Highlights, wie das krautige, fast kraftwerk-eske „Remurdered“, das hypnotische „Deesh“ oder das starke Finale „The Lord Is Out Of Control“, doch im Kern sind diese „Rave Tapes“ eines jener Alben, die allmählich und in ihrer Gesamtheit entdeckt werden wollen. – 8 von 10 Mixkassetten

P.S. Live am 26.03. in Hamburg und am 01.04. in Karlsruhe.
P.P.S. Das Album gibt es auch als fettes Boxset (mit LP, Kassette u.v.m.)!



solander_memories

Ein bisschen Folk geht ja auch ab und zu mal, oder? Zumal, wenn nicht nur dröge lagerfeuerig herumgeklampft wird. Das schwedische Duo Solander hat nämlich keinerlei Probleme damit, neben Gitarre, Drums und – hier ganz wesentlich – Cello (sowie weiteren Instrumenten) auch mal einen guten, alten Synthesizer zu verwenden. Verstärkt haben sie dies nun auf ihrem hier vorliegenden, dritten Album „Monochromatic Memories“ getan.

Da das Grundthema des Albums der Verlust eines geliebten Menschen ist, kommt die Musik natürlich trotzdem eher ruhig und melancholisch daher. Trotzdem sind die Songs nicht deprimierend, stattdessen gelingt es Cellistin Anja Linna und Sänger Fredrik Karlsson Atmosphäre zu schaffen. Nach den wunderbaren ersten Songs „The Woods Are Gone“ und „All Opportunities“ haben sie das Herz des Hörers bereits eingefangen.

Getragen von Karlsson warmer und variabler Stimme (die mitunter an den Sänger von Alt-J erinnert) und intelligenten Arrangements entfalten die Songs ihre Gefühlswelt. Und immer, wenn man denkt, jetzt wird es zu ruhig, wird das Tempo plötzlich angezogen („Hey Wolf“), es folgt ein prächtiger Schunkler wie „Social Scene“ (der bestimmt nicht zufällig so ähnlich heißt wie eine kanadische Indieband) oder ein Klangtraum wie „London Marbles“. Schon schön. – 7,5 von 10 schwedischen Holzhütten

Solander – The Woods Are Gone from A Tenderversion Recording on Vimeo.


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Zum Schluss noch etwas zünftige „Gay Church Folk Music“. WTF, fragen Sie? Nun, so nennt Joel Gibb, schillernder Mastermind der Kanadier von The Hidden Cameras, seine Musik selbst. Mit einem Augenzwinkern natürlich, aber durchaus auch ernst gemeint. Auf deren sechstem Studioalbum geht es ansonsten aber auch um (Coming of) „Age“ und außerdem musikalisch äußerst vielseitig zur Sache.

Sex ist natürlich immer ein Thema, wie schon der dynamische Opener „Skin & Leather“ zeigt und später noch die ironische Single „Gay Goth Scene“. Aber auch und vielleicht vor allem Mut und Haltung, nicht umsonst ziert ein großes Bild Von Wikileaks-Informant Bradley Manning das Booklet. Doch wie klingt die Musik dazu? Nun, die hat ein offenes Ohr für viele Einflüsse. Tragend sind wie immer die zahlreichen Streicher in der Band, die gerne mal wie entfesselt den Teufel herauslassen.

Dazu haben Gibb & Co. dieses Mal eine gehörige Portion New Wave gefrühstückt. Die Songs sind zackig und schwungvoll und man hat auch einiges an Keyboards verwendet. Ob die Streicher Gas geben („Bread For Brat“), die Beats den „Doom“ heraufbeschwören oder man sogar fast wie The Human League klingt („Carpe Jugular“) – von diesem Album kann man sich vielfältig überraschen lassen. Aufs Angenehmste. – 7,5 von 10 Toleranzpreisen


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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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