Home > Magazin > Reviews > Review: Reaper – Der Schnitter
- Anzeige -

Review: Reaper – Der Schnitter

/

„Jetzt gibt’s wieder ernste Themen: Satan, Sex und Dunkelheit“. Nein, das ist kein Zitat aus einem Film oder meine selbstgewählte Kurzbeschreibung der neuen Reaper-Single „Der Schnitter“, sondern eine Textzeile aus eben diesem Lied. Für viele vielleicht wenig verständlich, wenn man sich die Entstehung der Band als eine Art Spaßprojekt seitens Vasi Vallis anguckt, mit dem er sich kreativ austoben wollte und ein bisschen mit den üblichen Klischees in der Industrial-Harsh-Electro-Szene oder wie man das Kind auch nennen mag spielen wollte, definitiv ein Grund zum Schmunzeln.

Ich muss zugeben, als ich das Lied zum ersten Mal gehört habe, war ich doch ein wenig überrascht, denn eigentlich habe ich ein bisschen die elektronische Fassung des mehrere Jahrhunderte alten Schnitterliedes erwartet. Wäre wohl auch zu einfach gewesen, nachdem schon so viele dunkel angehauchte Bands einen Verweis auf den Schnitter oder das Schnitterlied gebracht haben. Wer jetzt nicht weiß, was ein Schnitter ist, dem helfe ich auf die Sprünge: Der Schnitter ist der Tod. Und somit in Kombination mit dem Bandnamen „Reaper“, was so ziemlich dasselbe bedeutet, der zweite Grund zum Schmunzeln meinerseits. Melodisch knüpft „Der Schnitter“ an das an, was man aus dem Hause Vallis kennt. Eine eingängige Melodie zum mitsummen macht den Textteil zum Ohrwurm, vermutlich auch weil sie ein bisschen nach Kinderlied oder Spieluhr klingt und von den Synthies wiederholt wird. Selbst, wenn man die Single nicht mag, wird man diesen Teil definitiv im Kopf behalten und vor sich hin summen.

Der erste Mix „ Der Schnitter (mit der Sense)“ erinnert gleich am Anfang ein bisschen an Technomusik Anfang der 2000er. Die Wiederholung von Textfragmenten verstärkt das Ganze noch, bis das Lied zu einer Art „Reaper meets Skrillex“ wird. Nicht mein Geschmack und für mich auch nicht tanzbar bis 3.10 Minuten. Dann kommt die eingängige kinderliedartige Melodie wieder und damit auch meine Lust zu tanzen. Der darauffolgende Mix, der durch die Stimme von Henrik Iversen verschönert wird und wohl nicht umsonst „beim Trinken mit Henrik Iversen“ heißt, hat eben nicht nur die markante Stimme des NamNamBulu-Sängers, sondern gleich einen komplett neuen Text bekommen. Man hätte vermutlich weder einen Henrik Iversen, noch einen neuen Text erwartet, somit haben Vasi Vallis und Gregor Beyerle für die zweite Überraschung gesorgt. Ich bin mir noch unschlüssig, ob ich Henriks Stimme wirklich passend finde oder ob er mir bei weniger aggressiver Musik einfach besser gefällt. Auf alle Fälle bringt er Abwechslung auf die Single und die nachbearbeitete und sehr technisch klingende Stimme aus dem „Original“-Song wird durch seinen wundervollen Gesang ersetzt.

Den Skyla-Vertex-Mix finde ich sehr, sehr tanzbar und ich denke, dass der nicht nur in den Szeneclubs gespielt werden könnte. Alles klingt weniger nach „Szene“. Das passt wohl auch zur Beschreibung der Band auf der Facebookseite, in welcher sie ihre Musik als „Elektronische Musik, die auf kein bestimmtes Genre festgelegt ist“ beschreiben. Für die größte Überraschung und einen riesigen Lachanfall sorgte dann der „Vasi Breaks The Rules“-Mix. Die einen werden diesen Mix besonders schrecklich finden, wieder andere werden nur den Kopf schütteln und ganz andere, vielleicht komplett szenefremde Partygänger werden das Lied einfach nur feiern. Wer keinen Rap mag, sollte diesen Mix eventuell überspringen, denn was da auf eure Ohren zukommen wird und auf meine Ohren zu kam, erinnert an eine Mischung aus Boomfunk MC’s und The Prodigy. Wer der Rapper ist, wurde nicht verraten. Top Secret also. Aber dieser Mix hat einen unsagbar hohen Unterhaltungs-und Gute-Laune-Wert. Den letzten Mix auf der Single mit dem Titel „Der Schnitter im Club mit der Sense“ fand ich zwar hörbar, aber nicht unbedingt spannend – aber es gab ja in den Minuten zuvor auch schon genug Überraschungen für die Ohren.

Ich glaube man hat einfach dieses vorgefertigte Bild wie eine Band klingen muss und immer klingen soll. „Reaper“ machen, was sie wollen und das finde ich gut. Ich bin auch mit einer gewissen Erwartungshaltung an die neue Single herangegangen und habe ein bisschen mehr „Hell Starts with an H“ erwartet. Mehr Klischees, mehr Blut, mehr Filmzitate – wie in den vergangenen Jahren eben. Schon damals haben „Reaper“ eher mit ein bisschen Augenzwinkern auf die Szene geblickt, einfach alles übertrieben dargestellt – aber eben szenekonform. 2015 nehmen Vasi Vallis und Gregor Beyerle das, was sie können und mischen es mit Dingen, die sie lieben. Gregor Beyerle hat vor einigen Monaten im Interview gesagt, dass sich Szenemusik nicht weiterentwickelt, wenn man sich nicht auf andere Stile einlassen kann. Das „Reaper“ das können, haben sie bewiesen. Ein und dasselbe Lied in unterschiedliche Richtungen zu interpretieren hat schon einen hohen Unterhaltungs- und Spaßwert, ob man diese Entwicklung jetzt mag, ist eine andere Sache. Wer Hölle, Horrorfilmzitate und das pure Böse erwartet ist mit „Der Schnitter“ absolut falsch beraten, wer vor sich selbst und seinen Freunden zugeben kann, dass er selbst heimlich ab und zu Dubstep hört und ab und zu die „Dreamdance“-CDs aus den Jahren 2002-2008 im Auto hört und mit „Ich erwarte Unterhaltung, Spaß und elektronische Klänge“ an das neue Machwerk herangeht, wird definitiv seine Freude haben. Am Ende haben „Reaper“ sicher eine Menge Spaß die Reaktionen auf „Der Schnitter“ zu lesen, hatten Spaß bei der Produktion, beim Stile mischen und Genregrenzen überschreiten. Wurde die Band 2008 noch als Industrial-Band geführt, findet man sie heute beispielsweise unter „ sonstige Pop“ und zu meiner großen Erheiterung auf www.grooves-inc.de sogar unter „experimental Hip Hop From California“. Vasi Vallis, Gregor Beyerle: Ihr habt uns da in naher Zukunft wohl einiges zu erklären und bis dahin, arbeitet bitte an einem Album, was mindestens genauso unvorhersehbar und grenzenlos ist wie „Der Schnitter“.

Zu kaufen gibt es die auf 500 Stück limitierte CD  ab dem 26.06.2015 hier:
Amazon

Poponaut

Tracklist:
01 REAPER – Der Schnitter (im Club)
02 REAPER – Der Schnitter (mit der Sense)
03 REAPER – Der Schnitter (beim Trinken mit Henrik Iversen)
04 REAPER – Der Schnitter (by Skyla Vertex)
05 REAPER – Der Schnitter (Vasi breaks the rules)
06 REAPER – Der Schnitter (im Club mit der Sense)

Josie Leopold

Ich bin die kleine Schnatterschnute vom Dienst: bunt, glitzernd, voller verrückter Ideen. Wenn ich nicht gerade Interviews führe, Beiträge verfasse oder versuche Wordpress davon zu überzeugen doch bitte nett mit mir zu sein, versuche ich die Welt ein bisschen besser und bunter zu machen.

- Anzeige -
Consent Management Platform von Real Cookie Banner