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Das neue Album der Pop-Legenden

Review: Pet Shop Boys „Super“

/ 7 Kommentare

Wenn die Pet Shop Boys mit einem neuen Album aufwarten, dann horcht man reflexartig auf. Steht das britische Duo doch seit nunmehr 30 Jahren für einen durchgehend hohen Qualitätsstandard. Ob nun eine Pop-Platte oder ein Ausflug in die höhere Kunst (Musical, Ballett, Stummfilmvertonung oder symphonische Biographie eines Mathematik-Genies) – Neil Tennant und Chris Lowe können mit ihren Veröffentlichungen immer wieder Kritiker wie Fans überzeugen.

Anno 2016 wenden sich die Pet Shop Boys wieder dem Pop zu, den sie angetreten sind zu perfektionieren. „Super“ heißt die Platte auch ganz bescheiden. Sie ist die logische und gleichzeitig unlogische Fortsetzung von „Electric“ (2013), dem sehr dance-orientierten Album, dass die Pet Shop Boys zusammen mit dem Produzenten Stuart Price (Madonna, The Killers, Zoot Woman) aufgenommen haben. Logisch, weil der kommerziell erfolgreiche und auf einer ausgiebigen Tour von den Fans gefeierte härtere Dancesound auf „Super“ weiter auf die Spitze getrieben wird. Unlogisch, weil die Pet Shop Boys eigentlich dafür bekannt sind, auf der nächsten Platte alles anders machen zu wollen. So folgte damals schon auf das reflektierte „Behaviour“ (1990) das Hyper-Pop-Album „Very“ (1993), auf das handgemachte, rockige „Release“ (2002) folgte das orchestrale „Fundamental“ (2006), dem ruhigen „Elysium“ (2012) ließen sie den bereits erwähnten Disco-Hammer „Electric“ (2013) folgen.

Nun also „Super“, das stilistisch quasi „Super Electric“ ist. Mit Stuart Price wird die Beat-Schlagzahl auf dem neuen Album noch erhöht. Es gibt nur eine Ballade – das wahrlich großartige „Sad Robot World“ – und vielleicht zwei Songs im Midtempo-Bereich. Alles andere auf „Super“ geht sofort in die Beine, auf die Tanzfläche, in die Bassbox. An allererster Stelle steht dabei „Inner Sanctum“, ein 4:19 Minuten Kracher, den Paul Kalkbrenner und Digitalism auch nicht besser hinbekommen hätten. „Undertow“ hält die Geschwindigkeit und wird alle Fans verzücken, die auf die klassischen High Energy Stampfer der Pet Shop Boys stehen – 80er Jahre Soundanleihen inklusive. Apropos 80er: „Burn“ treibt die Referenz an die berühmte (und berüchtigte) Autoscooter-Mucke auf die Spitze. „Groovy“ und „Say It To Me“ packen die Pet Shop Boys in ein 90er Jahre House-Gewand, in zwei Songs experimentieren sie mit Raggaeton-Rhythmen (das durchschnittliche „Twenty-something“ und das tolle „Into Thin Air“). Bei „The Dictator Decides“ kommt eine der großen Stärken der Herren von der Insel zum Tragen, die ansonsten auf „Super“ leider viel zu kurz kommt: der Text. Nach einem großartigen Instrumental aus Elektronik und Streichern zum Einstieg erzählt Neil Tennant aus der Sicht eines Diktators wie es ist, wenn alle Menschen ihn anhimmeln, nur weil er die Macht über sie hat. Dieser und mindestens hundert weitere Lyrics aus der Pet Shop Boys-Karriere gehören eigentlich in einen hochwertigen Gedichtband. Ansonsten verkauft sich Tennant diesmal weit unter Wert. „Look at me, I’m just groovy“ („Groovy“) oder „We gonna burn this disco down before the morning comes“ („Burn“) kommen für eine Textsammlung nicht unbedingt in Betracht.

„The Pop Kids“ ist die erste Single aus dem Album. Alleine für die bloße Entscheidung, eine klassische Single in Form einer Maxi-CD und einer 12“ Vinyl zu veröffentlichen, gehört den Jungs in diesen Zeiten ein Denkmal gesetzt. Dazu ist der Song auch noch verdammt eingängig und besitzt eine leise inhaltliche Melancholie (Studentenpärchen geht nach London, um dort in den Clubs zu tanzen und zu feiern, weil sie Pop-Fanatiker sind – erzählt in der Vergangenheitsform), die die Pet Shop Boys so unwiderstehlich machen.

Enttäuschend sind auf „Super“ lediglich zwei Songs. Der Opener „Happiness“ und das fast instrumentale „Pazzo!“ sind beide uninspirierte, altmodische und leicht prollige Stuart Price-Soundgewitter. Die haben B-Seiten-Niveau.

Ansonsten haben es die Pet Shop Boys wieder geschafft. Man muss sie einfach lieben. Auch nach drei Jahrzehnten. Einige Songs auf „Super“ zünden sofort, andere wachsen enorm nach mehreren Durchläufen. Ist das weniger anspruchsvoll als ein reflektiertes, melancholisches Album mit Orchester, von denen Tennant (61) und Lowe (57) schon einige auf höchstem Niveau abgeliefert haben? Das mag sein – aber darf man sich nicht auch mal einfach amüsieren? Genau das tun die beiden älteren Herren hier. Wir dürfen dabei sein und haben ebenso Spaß.

Neil Tennant und Chris Lowe haben durchblicken lassen, dass sie die Arbeit mit Stuart Price für eine Trilogie angelegt haben. Einige düstere, poppigere Songs sollen sie bewusst zurückgehalten haben, da „Super“ als ‚banging dance record’ angelegt ist. Zum Abschluss der Dreier-Album-Reihe werden sie uns wohl wieder überraschen.

„Super“ erscheint am 1. April auf CD, Vinyl und digital.

Super

Super (Coloured Vinyl/Gatefold/Mp3) [Vinyl LP]

Henning Kleine

Henning (Jahrgang 1976) arbeitet als TV-Journalist in Hamburg. Er ist Synthie-Pop Liebhaber und großer Fan der Pet Shop Boys.

7 Kommentare

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  1. Happiness erinnert mich ein bisschen an I Get Along,ist nicht schlecht aber auch nicht gut ,ich denke das du das Album richtig beschrieben hast Henning ,ging als B Seite durch freue mich auf Undertow und Groovy

    • Schade

      Schade das das tolle Say it to me und Undertow so am Schluss leise abdreht werden und das The Dictator Decides hat so ein beschämendes Ende das ich nur mit dem Kopf schütteln kann ,als ob der Stecker gezogen worden wäre , das Lied hat ja eigentlich ein gutes auslaufendes Ende bis die Kirchen Musik anfängt und dann so blöd aufgehört, Schade

  2. Auf der Media Markt Seite von Ungarn kann man sich legal 30 sek. Schnipsel von fast allen Pet Shop Boys Lieder vom Album Super anhören.

  3. Super

    Hallo Henning!

    Wo hast du das Album schon gehört wenn ich fragen darf

    • Hallo Timo,

      ja, das darfst Du natürlich. Die Antwort ist: auf der Promo-CD.

    • Vielen Dank für deine Antwort. Habe die wenigen Schnipsel mir angehört und bin der Meinung das das Album nicht den Namen tragen dürfte ,mal abwarten,der einzige Song der mich vielleicht überzeugt ist Groovy ,Inner Sanctum kennt man ja.

    • Note

      Hallo Henning,
      welche Gesamtnote würdest du für das Album abgeben und was sind deine Favoriten darauf.

Kommentare sind geschlossen.

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