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Review: Jean-Michel Jarre – Electronica 1: The Time Machine

Ja, Herrschaftszeiten, was ist denn dieses Jahr nur los?! Während man in der realen Welt vor lauter Abgründen kaum noch treten kann, jagt bei den Musikveröffentlichungen ein starkes Album das nächste. Und eines der unerwartetsten Highlights kommt dabei von Monsieur Jarre.

Denn seien wir mal ehrlich: Jean-Michel Jarre, Legende seit „Oxygene“, „Equinoxe“ und „Magnetic Fields“, hatte schon eine ganze Weile nicht mehr mit allzu memorablen Platten aufgewartet. Doch jetzt meldet er sich mit einem Mammutprojekt zurück: Mit etwa 30 Künstlern der elektronischen Musikgeschichte hat er Tracks aufgenommen – und zwar nicht durch schnödes Daten-hin-und-her-Mailen. Das hasst er nämlich, wie er uns im persönlichen Interview (das gibt’s in Kürze an dieser Stelle) verriet. Nein, er besuchte jeden einzelnen, man arbeitete äußerst fruchtbar zusammen – und heraus kamen zwei prallvolle Alben (und Material für noch ein paar EPs nebenher).

Na dann wollen wir doch gleich mal ein bisschen durch Teil 1 wandern, der druckvoll mit „The Time Machine“ und der Zusammenarbeit mit dem Berliner Boys Noize eröffnet wird. Man merkt hier sofort, dass Jarre versucht hat, seine typischen Sounds mit den charakteristischen Stilen der Gäste zu verschmelzen. Was auch im nachfolgenden und sehr poppigen „Glory“ mit M83 funktioniert und anschließend mit „Close Your Eyes“, bei dem er sich mit Air in sechseinhalb Minuten durch die Synthesizergeschichte spielt (und von Kraftwerk bis, tja, eben Air, an so einige Höhepunkte dieser erinnert), einen Albumhöhepunkt erfährt.

Das nächste Highlight folgt auf dem Fuße, wenn Jarre und Vince Clarke sich als Brüder im Geiste entdecken und für das zweigeteilte „Automatic“ erst auf die Atmosphäre und dann aufs Tempo drücken. Mit Little Boots gibt es dann cheesy Electropop, mit Fuck Buttons instrumentale Epik, und schon sind wir bei den nächsten Spitzentracks. „Suns Have Gone“ klingt nach Moby in Höchstform und „Conquistador“ mit seinen vergleichsweise harschen Sounds unterstreicht, dass Gesaffelstein einer dieser jungen Künstler ist, auf die unbedingt geachtet werden sollte.

Der Beitrag mit Pete Townshend von The Who ist, ebenso wie später die Stücke mit Rummelplatzbeschaller Armin van Buuren und Klavierwunderkind Lang Lang, na ja, Geschmackssache. Aber es gibt auch in der zweiten Hälfte noch Großartiges zu entdecken. Neben dem wunderschönen und aufgrund des Todes von Edgar Froese (dem das Album von JMJ gewidmet wurde) irgendwie auch traurigen „Zero Gravity“ mit Tangerine Dream und dem Wiederhören mit der alten Jarre-Kollaborateurin Laurie Anderson sind hier vor allem das cineastische „A Question Of Blood“ mit Horror- und Soundtracklegende John Carpenter sowie das brillante „Watching You“ mit Massive-Attack-Mastermind Robert „3D“ Del Naja hervorzuheben.

Jean-Michel Jarre ist eine wundervolle (und auch sehr modern klingende) Reise durch die Musikgeschichte gelungen, die trotz der vielen Gäste überraschend homogen wirkt. Wir sind gespannt auf Teil 2 im kommenden Jahr und weisen nochmal auf unser umfangreiches Interview mit dem Meister hin, dass es in wenigen Tagen hier zu lesen geben wird.

Depechemode.de-Wertung:
★★★★★ (4/5)

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www.jeanmicheljarre.com
www.facebook.com/jeanmicheljarre

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

4 Kommentare

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  1. was ist modern was ist alt hauptsache es gefällt und erweckt emotionen und gefühle in mir

  2. Gerade das Stück mit Pete Townsend finde ich musikalisch sehr interressant.

    • Stimme meinem Vorredner zu. Der Track mit Pete Townshend ist ein Knaller vor dem Herren! :)

    • Die Tracks mit Moby und Tangerine Dream halbwegs verträglich.
      Ansonsten kläglich käsig und gerade definitiv nicht modern. Nicht, dass es das sein müsste, aber wenn das schon in der Rezension als Auszeichnung steht…

      Wertung 3/10

Kommentare sind geschlossen.

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