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Neues Album am 27. März

Review: Frozen Plasma „Dekadenz“

Seit 10 Jahren stehen sie nun auf großen und kleinen Bühnen, bringen Festivalhallen zum revolutionstanzen oder schreiben mal eben einen Clubhit. Manchmal wird vor allem Songschreiber Vasi Vallis von einigen Kollegen belächelt für seine Songs, Bandkollege Felix Marc dafür umso mehr von der Damenwelt im Publikum bewundert. Eins ist in all den Jahren – zwischen „Artificial“ bis „Monumentum“ und über zwei Live-Alben hin zum aktuellen Machwerk ‚Dekadenz‘ geblieben: Ohrwurmfaktor. Ob es nun laute Tanzflächenfüller sind oder die ruhigen, etwas leiseren Tracks, es bleibt der Wiedererkennungswert in der Melodieführung und eine Liste von Refrains, die man auch Stunden nach dem Anhören nicht aus dem Kopf bekommt.

Genau mit eben dieser Erwartung bin ich an das Album „Dekadenz“ herangegangen. Ich habe Ohrwürmer erwartet. Ich habe, das erwartet, was ich „Gepiepse“ nenne und was eigenlich gar kein Gepiepse ist, sondern eine fröhliche Melodie. Ich habe Melancholie erwartet, latent, aber trotzdem da. Und vor allem habe ich ein durchweg hörbares Album erwartet. Noch vor dem offiziellen Release am 27.03.2015 hatten wir die Möglichkeit die neue FROZEN PLASMA Scheibe anzuhören.

Wurde ich enttäuscht? Nein. Frozen Plasma bleiben ihrem Stil treu, ich glaube der Ohrwurmfaktor wurde noch erhöht und bietet maximales Mitsummpotenzial, selbst wenn man die Melodie zum ersten Mal hört. Anders als Genrekollegen, schaffen es Vasi Vallis und Felix Marc mir mit ihren Melodien eine heile Zuckerwattewelt zu verkaufen, was vor allem an den hellen Synthiesounds wie in „Rain“ liegt, den ab und zu auftretenden Pianoeinlagen, die so gar nicht nach Futurepop klingen und dem Album trotzdem einen frischen Anstrich geben. Zu der melodischen Zuckerwattewelt gesellt sich dann aber der gewohnt nachdenklich, teilweise tiefmelancholische Textpart und genau diese Mischung lässt den Hörer mit der Erkenntnis zurück „Die Welt, die Liebe, Beziehungen – alles kann kaputt gehen, bröckeln, man kann nachtrauern – aber es geht immer irgendwie weiter“.

Tanztrack und irgendwie supersexy kommt dann „Maniac“ daher. Das Lied hat den Sexy-Faktor von „World in my Eyes2, wenn ich ehrlich sein darf. Wer dazu nicht ein bisschen den Fuß wippt oder gleich anfängt zu tanzen, der kann nur gehörlos sein. Auch wenn man es vielleicht nicht zugeben möchte, weil es nicht dem sonstigen Musikgeschmack entspricht – ‚Maniac‘ ist tanzbar, sexy und frisst sich in den Gehörgang bis zu dem Punkt, wo man den Player auf Repeat stellt und gesellt sich damit bestens zu „Crazy„, dem Song, der mich im vergangenen Sommer meine Reviewtätigkeit hat abbrechen lassen, damit ich einfach tanzen kann. Beide Songs gehören ab dem Release bitte in jeden DJ-Koffer und in den heimischen CD-Schrank, auf den MP3-Player zum Joggen und ins Auto, damit man das gegebenenfalls auftretende Verkehrschaos einfach wegtanzen kann.

Einen Ohrwurm, der mal nicht aus dem Hause Vallis stammt, dafür aber aus der 80er-Kiste ist „Living on Video„. Kennen wir alle, oder? Haben wir alle schon mal dazu getanzt und wenn es nur auf der quietschbunten 80er-Party in der Dorfdisco war. Der Song hat durch leichte Veränderungen ein kleines Upgrade erhalten, viel ist ja eigentlich nicht nötig um jemanden damit auf die Tanzfläche zu bekommen. Felix‘ Stimme gibt dem Ganzen noch einen kleinen Kick obendrauf. Die Frozen-Plasma-Version kann mit dem Original gut mithalten und ist nicht nur ein billiger und einfallsloser Abklatsch.

Auch für den Herzschmerzfall ist auf ‚Dekadenz‘ etwas zu finden und nennt sich in diesem Fall „Haunting Memories„. Das Lied beginnt schon sehr melancholisch und mit einer sehr klaren Melodie, erst später setzen weitere Synthie-Linien ein, bis schließlich ein wirklich nach Herbstregen klingender Gesangspart einsetzt, gefolgt von einem noch mehr nach eiskaltem Regen, wehenden Blättern und Herbstwind samt knackenden Ästen klingendem Zwischenpart. Dem ganzen die Melancholiekrone aufsetzen ist fast schon nicht möglich? Falsch gedacht. Ein wirklich eingängiger Refrainpart und ein Zwischenstück, was als Definition für das Wort „Melancholie“ zur Beschreibung eigentlich in jedes Wörterbuch gehören sollte , steigern das Ganze noch. Für alle, die es nicht mitbekommen haben sollten und sich fragen, warum dieser Song nicht nur melancholisch, sondern auch ein bisschen anders klingt: Hier hat Vasi Vallis doch tatsächlich selbst zum Mikro gegriffen und gesungen.

Melancholisch weiter geht es dann mit „Saving this Moment„, was vor allem durch den Klavierpart zu greifbarer Traurigkeit wird. Man möchte mit Felix Marc mitleiden, leidet ja aber praktisch selbst schon. Einfach Augen schließen und treiben lassen und vielleicht gar nicht so viel auf den Text hören, sondern der Klavierlinie gedanklich folgen bis der Song wieder in gewohnte Synthiesounds umschwenkt und uns wieder fast an den Anfang der Scheibe bringt: Tanzbare Melancholie mit der Mischung aus Zuckerwattemelodiewelt und Schwermut.

Bekannt als Version zum freien Download sollte eingefleischten Fans noch „Herz“ sein. Selbiges Lied hat es auch auf das neue Album geschafft. Ich muss sagen, dass mir persönlich der „Intersection Mix“ doch besser gefallen hat, weil er noch mehr Tanzpotenzial aus dem Lied herauskitzelt. Das Original ist natürlich auch kein langweiliges Stück Musik, aber im Vergleich zum Mix doch etwas langsamer und es besticht durch eine videospielartige Melodie, die im „Intersection Mix“ nicht zu finden ist.

Hätte die Geschichte einer beendeten Beziehung, einer Trennung voll Gedankenkreisen einen Soundtrack, so würde er „Dekadenz“ heißen. Vom traurigen aus dem Fenster schauen, Blätter zählen, nicht wissen, was man tun soll, bis zu dem Punkt, wo einen Freunde vor die Tür schleppen, weil man ja unter Menschen müsste, ist alles dabei. Und um das Bild gedanklich weiterzumalen: Tatsächlich amüsiert man sich auf dieser Party und vergisst für eine Weile, bis man wieder an der Haustür steht und im Flur dieses Foto sieht, diesen einen Gegenstand, der einen erinnern lässt und man irgendwann mit „Over and Out“ früh morgens um fünf, vollkommen durchfeiert, traurig und resigniert auf die Tasse viel zu starken Kaffee starrt. All diese Stimmungslagen und so viele Fragen und Gedankengänge sind auf „Dekadenz“ vertreten, man muss sich nur mit auf die Reise nehmen lassen, den Mut haben die Augen zu schließen und mitzugehen.

Release: 27.03.2015

‚Dekadenz‘ als CD: Dekadenz

Hier gibt es nochmal das Snippet zum Probehören:

https://soundcloud.com/magmormusic/frozen-plasma-dekadenz-prelistening-round-1

Josie Leopold

Ich bin die kleine Schnatterschnute vom Dienst: bunt, glitzernd, voller verrückter Ideen. Wenn ich nicht gerade Interviews führe, Beiträge verfasse oder versuche Wordpress davon zu überzeugen doch bitte nett mit mir zu sein, versuche ich die Welt ein bisschen besser und bunter zu machen.

5 Kommentare

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  1. Frozen Plasma liegen zwischen VNV Nation und Modern Talking?
    Das ist für mich jetzt schon eine sehr, sehr lustige Mischung in meinem Kopf.
    Haha. Danke, dass du den Gedanken geteilt hast, der ist schon recht lustig.

    Hör dir das Album trotzdem mal komplett an, wenn es draußen ist. Ich kann dich beruhigen, es gibt keine „Cherry Cherry Lady“-Einlagen ;)

    • :)
      Echt? Auch kein „You can win if you want, if you wanted you to win, on your way you will see life is more than fantasy“ ?

      Danke für den Kommentar!
      Im Grunde gefällts mir auch ganz gut, man muß sich halt die Songs die einem am meisten sagen raussuchen. :)

    • Naja okay, ein bisschen 80er ist ja mit „Living on Video“ drauf.
      Ich würde sagen, dass es sich die Waage hält mit tanzbaren Sachen und dem verkitschten Zeug und wirklich miese Reime hab ich vond en beiden noch nie gehört…
      Also immer mit der Ruhe :)

  2. Ich hatte neulich mal VNV Nation im Auto, da sagte ein Bekannter… „Was ist das denn… klingt wie Modern Talking?“

    Ich war zunächst etwas verdattert, auch leicht beleidigt vielleicht… aber jetzt ist es mir bei Frozen Plasma fast selber so gegangen, scheint so auf halbem weg dazwischen zu liegen. :)

Kommentare sind geschlossen.

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