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Plattenschlägerei: Nice Nice vs. The Time And Space Machine

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Willkommen zu einer neuen Rubrik, in der wir nun gelegentlich zwei Alben, die wir für irgendwie vergleichbar halten, aufeinander jagen werden. Pazifistisch, wie wir sind, lassen wir natürlich nur musikalische Fäuste fliegen. Und zum Auftakt geht es ausgerechnet ziemlich psychedelisch zu. Nicht, dass man vor Räucherstäbchen den Gegner gar nicht mehr erkennt! Ring frei!

Doch, halt! Bevor der Kampf beginnt, sollten wir die Kombattanten erst einmal vorstellen: In der gelben Ecke, all the way from Portland – Nice Nice. Jason Buehler und Mark Shirazi heißen die beiden Soundtüftler, die ethnologische Musikwissenschaften studiert haben und schon eine ganze Weile aktiv sind. Mit “Extra Wow” starten sie nun erstmals für das Warp-Label.

Und gegenüber, in der bunten Ecke, mit einem Werk, kreiert im Umfeld eines Castles im englischen Sussex – The Time And Space Machine. Das Soloprojekt von Richard Norris, der ansonsten als Remixer mit Erol Alkan unter dem Namen Beyond The Wizard´s Sleeve aktiv ist (und ganz früher schon mal mit The Grid einen Charthit hatte), hat seine Zeitreise “Set Phazer To Stun” genannt.

Nun aber los! Runde 1, der Sound. Nice Nice merkt man das Studium an, wilde Rhythmen überall. Feedbacks, Loopschleifen, schräges Getrommel, hier ein Klonk, da ein Plonk, dazu eine Menge Kraut (der Rock, nix zum Rauchen, obwohl, wer weiß…), die machen keine Gefangenen. Der Gegner versucht es eher mit einlullender Taktik. Hippieflöten, verschleppte Keyboardschleifen und aus der Zeit ausgefallene Orgeln, dazu auch hier der Krauteinfluss (Sie wissen schon). Knappes Rennen, bei Nice Nice ist aber wohl etwas mehr los.

Nachdem das Nummerngirl die Nebelschwaden aus dem Ring gewedelt hat, sind wir auch schon bei Runde 2 angekommen: den Melodien, dem Pop. Hier tänzeln beide zurückhaltend umeinander, es scheint sich eher um versteckte Talente zu handeln. Doch, da! “Time + Space” hat Gesang und hintenraus hübsch poppige Elektronik, später schiebt dort der Titeltrack (der mit dem Phazer) die Raumpatrouille Orion durchs All und mit “More Cowbell” kann man sich gut auf die Tanzfläche wagen. Nice Nice dagegen sind noch weniger auf Pop aus, den vertreibt man mit dem schrägen Chaos der ersten Songs fast völlig. Erst mit dem verhallten “Big Bounce” ist mehr Wille zur Melodie erkennbar, und “A Vibration” grüßt Primal Scream. Doch mit dem fein groovenden Neil Young-Cover “After The Gold Rush” sichern sich dann doch The Time And Space Machine die Runde.

Kurzes Luftholen, finale Runde 3. Gesang/Inhalt, Albumtauglichkeit. Nun, gesungen wird in beiden Fällen eher wenig. Bei Nice Nice sind die Vocals wohl auch nur eine weitere Klangfarbe, meist mit viel Hall. Die Zeit-Raum-Maschine hat etwas mehr Gesang, auch mal weiblichen, aber auch hier liegt der Schwerpunkt woanders. Dafür schlagen beide ordentlich zu, wenn man die Alben insgesamt betrachtet. Da merkt man, das passt ineinander, hier wurden kaum potentielle Singles aneinander gereiht, hier wurde Wert aufs Gesamtkunstwerk gelegt. Unentschieden.

Letzter Gong! Kommen wir zur Wertung. K.O. geht hier keiner, beide haben sich wacker geschlagen. Jeder zeigt Zähigkeit und Mut zur Unbequemlichkeit, geht nicht den direkten Weg zum Ohr. Okay, den Punch für den Weltmeistertitel haben sie beide nicht ganz, aber im oberen Mittelgewicht halten sie sich gut. Und da ist das Ergebnis: Hauchdünner Sieger nach Punkten, aufgrund etwas spannenderer Sounds und (knapp) zeitgemäßeren Eindrucks sind Nice Nice. Glückwunsch und Räucherstäbchen für alle!

Wir freuen uns aufs nächste Mal!

(Addison)

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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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