Home > Magazin > Interviews > Interview mit Ronan Harris (VNV Nation) – Teil 1
- Anzeige -

Interview mit Ronan Harris (VNV Nation) – Teil 1

/

Interview mit Ronan Im April veröffentlichten VNV Nation ihr neues Album „Judgement“, welches in Deutschland immerhin einen Charteinstieg auf Platz 55 schaffte. Am Rande eines ihrer von den Fans wie immer gefeierten Konzerte stand Mastermind Ronan Harris Rede und Antwort:

Ihr seid seit knapp zwei Wochen auf Tournee mit eurer neuen Platte, wie habt ihr die ersten Konzerte persönlich erlebt?

Sie waren unglaublich. Diese Tour war bisher eine echte Überraschung für jeden von uns. Wir hatten zwei ausverkaufte Konzerte direkt am Anfang. Das ist etwas, was vorher noch nie passiert ist und was uns sehr überrascht hat. Letztendlich erscheint das neue Album „Judgement“ erst nächsten Donnerstag, und die Leute sind, ohne es zu kennen, trotzdem zu unseren Konzerten gekommen. Lediglich die Snippets und DJ’s haben bisher einen Einblick in das neue Album gewährt, von daher ist die Reaktion der Fans wirklich erstaunlich.

Wie haben die Fans auf den Konzerten auf die neuen Songs reagiert?

Das hängt von der Stadt ab. In einigen Städten stehen die Leute nur da und gucken, in anderen feiern die Leute einfach mit und finden schnell Zugang zum neuen Material. Vorwiegend im Osten sind die Reaktionen auf das neue Material geradezu atemberaubend. Im Westen sind die Leute etwas zurückhaltender und stehen oft herum und scheinen erst einmal zu überlegen, ob sie die einzelnen neuen Songs mögen oder nicht. In Erfurt, bei unserem ersten Konzert im Osten dieses Jahr, waren die Leute wirklich verrückt und völlig enthusiastisch, was die neuen Songs angeht.

Was mich schon früher etwas verwundert hat, ist, dass ihr bereits vor der offiziellen Album-Veröffentlichung mit dem neuen Material auf Tournee geht. Das ist doch etwas ungewöhnlich. Habt ihr hierfür bestimmte Gründe?

Wir möchten den Fans auf diese Weise die Songs vorstellen, bevor sie sie das erste Mal auf der CD hören. Auch wollen wir ihnen auf diese Art die Leidenschaft, die in den Songs steckt, demonstrieren. Gleichzeitig soll es eine Art Sneak-Preview sein. Das ist etwas, was wir schon früher so gemacht haben.
Dieses Mal haben wir uns jedoch dazu entschlossen, die erste Hälfte der Europatournee, und somit auch die erste Hälfte der Deutschlandtournee, vor dem Albumrelease und die zweite Hälfte nach der Veröffentlichung stattfinden zu lassen. Die Leute bekommen durch diese Aufteilung die Chance, die Songs zu hören, bevor das Album rauskommt. Dadurch werden die Shows zu etwas ganz besonderem für die Leute. Sie hören die neuen Stücke und bekommen durch die Show das Feeling eines jeden Tracks – wie wird er gespielt, wie hört er sich an, wie gehen die Vocals? Ich denke schon, dass dies etwas gänzlich anderes ist, als wenn man das neue Album vorweg hört und dann zu einem Konzert geht.

Kommen wir auf euer neues Album „Judgement“ zu sprechen. Wie lange hat die Produktion gedauert, und wie muß man sich diesen Prozess vorstellen – planst du Studiosessions, oder läuft das alles viel spontaner ab?

Es ist alles sehr spontan. Ich habe bereits vor zwei Jahren mit den Arbeiten an Judgement begonnen. Kurz nachdem „Matter+Form“ fertig war, habe ich bereits die ersten Songs für Judgement geschrieben.
Die Entwicklung eines Songs oder einer Melodie beginnt bei mir im Kopf. Wie soll ich das am besten erklären…? Wenn ich einen neuen Track in meinem Kopf habe, ist das wie ein Ohrwurm. Diesen muss ich dokumentieren. Ich habe hierfür eine eigene Technik: Ich schreibe das, was ich in meinem Kopf „höre“, auf und beschreibe es für mich, so dass ich dieses Gefühl für einen Song immer wieder abrufen kann.
Wenn ich dann ins Studio gehe, fange ich an, den Song mit meinen Notizen zu rekonstruieren. Das ist eine Art Entwicklungsprozess, der sich über Monate und Jahre erstreckt. Er entwickelt und entwickelt sich, bis er einen Punkt erreicht, an dem ich mit dem einzelnen Track glücklich und zufrieden bin. Ich manchen Fällen gibt es vier oder fünf Versionen eines Songs, die alle anders sind. Am Ende suche ich mir aber die Version aus, mit der ich glücklich bin und die mir eben gefällt. Das ist alles ein langer Prozess, und ich bin letztendlich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Die finale Produktion des Albums hat lediglich zwei Monate gedauert.

Die Promo-CD und Snippets auf eurer Seite haben einen ersten Höreindruck der neuen Tracks gegeben. „The Farthest Star“ z.B. klingt geradezu typisch VNV und ist sehr melodisch. Siehst du das ähnlich?

Ja und nein. Es ist ein wenig wie – „wer wir waren und wohin wir gehen“. Es ist also eine Art Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Wenn man ihn zwischen anderen VNV-Songs spielt, klingt er schon ziemlich anders.

Nemesis und Momentum hingegen zeigen euch von einer härteren Seite. Gerade Nemesis erinnert am Anfang auch etwas an Nitzer Ebb.

Ja, der Track ist ein wenig Oldschool und ein wenig Punk. Ich wollte hier einen elektronischen Punksong. Die Bassline, diese Art Riffs werden in einer Punkband auf der Gitarre gespielt. In den frühen 80ern wurde dann von den Electrobands begonnen, sehr harte Basslines auf den Sequencern zu produzieren. Und die Live-Reaktionen auf den Song sind großartig.

Nimmt man nun noch die restlichen Höreindrücke hinzu, erhält man eine perfekte Mischung aus euren letzten drei Alben. Siehst Du das ähnlich?

Nicht so ganz. Ein Grund, warum die Leute die Alben vergleichen, ist, dass VNV Nation immer eine große Bandbreite in der Musik haben. Wir haben harte und weiche Stücke, Techno und Trance. Was aber das Songwriting angeht, denke ich, ist eine große Entwicklung, ein Schritt vorwärts zu erkennen. Ich versuche immer, neue Einflüsse und Ideen einzubringen, weil ich nie das gleiche Album zweimal schreiben könnte. Das wäre ja auch langweilig. Beim neuen Album – und darauf bin ich sehr stolz – ist es wie ein Buch, es herrscht ein Fluss von Anfang bis Ende. Es ist unser am besten zusammenhängendes Album seit „Empires“.

So weit zum ersten Teil unseres Interviews. Fortsetzung folgt…

Bildquelle: www.vnvnation.de (Fotos: Sven Lorenz)

Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

- Anzeige -
Consent Management Platform von Real Cookie Banner