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Im Soundcheck: Architect, Seams, Factory Floor und Au Revoir Simone

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factory_floorHeute der (erste?) große Abbitte-Soundcheck. Nein, nicht der (sehr feine) Soundtrack zum Film mit Keira Knightley und James McAvoy. Sondern vier Alben, die schon ein paar Wochen draußen sind und längst ihre Rezension verdient gehabt hätten. Hm, na ja, äh, was lange währt…

architect_mineZunächst bauen wir mit dem Architect eine ganz dicke Soundwand auf. Wer dahinter steckt, brauchen wir hier ja wohl niemandem zu erklären, oder? Na gut, sicherheitshalber: Daniel Myer natürlich, sonst bekannt durch Haujobb und einen Haufen andere Projekte. Doch auch als Architect ist er schon 15 Jahre aktiv und hat nun mit „Mine“ möglicherweise sein Meisterstück vollbracht.

Was natürlich wie immer Ansichtssache ist. Mancher mag Myers „direktere“ Arbeiten oder die härteren Sounds von Haujobb mehr. Wer dagegen eher Fan von Recoil ist (und dass die Herren Wilder und Myer befreundet sind, ist bestimmt kein Zufall), kommt bei diesem Album enorm auf seine Kosten. Unterstützt von Ben Lukas Boysen (HecQ), Paul Kendall und anderen entwirft der Architect eine reiche Elektronikwelt, in der man sich gerne verliert.

Wichtig dafür ist auch der Gesang der Ungarin Emese Arvai-Illes, die den ohnehin vorhandenen Trip-Hop-Einschlag mit ihren intensiven Einsätzen (u.a. auf „Closer“ und „Immortal“) noch verstärkt. Und wenn es doch mal schneller zur Sache geht („The Sun“), überzeugt die Dame ebenfalls. Wie eben auch die vielschichtigen Sounds, die Myer hier kreiert hat. Ein wärmstens empfohlenes Album, das Bestand haben dürfte. – 8 von 10 Denkmalschützern





seams_quartersWir bleiben bei intelligent gestrickten Beats und Sounds. Diese beherrscht auch der in Berlin lebende Brite James Welch alias Seams bestens. Nach einigen hochgelobten EPs hat er mit „Quarters“ (wohl nach den verschiedenen Hauptstadt-Stadtteilen benannt, in denen er zuletzt so lebte) endlich sein Debütalbum – okay, es sind „nur“ acht Tracks, aber die Länge gleicht es aus – vorgelegt.

Schon mit dem ersten Stück („ClapOne“) wird klar: Das hier wird gut tanzbar, aber bei weitem nicht stumpf. Nach entspanntem Start zieht das Tempo ordentlich an und dazu klackert es aus allen Richtungen. Und so hält es Welch, der sich bei den Aufnahmen vor allem auf den Rhythmus konzentrieren wollte, durchgehend. Es klickt, es fiept, es knistert, aber nie zu viel auf einmal. Das aufgeräumte Klangbild lässt viel Luft zum Genießen.

Dabei sind die Tracks durchweg abwechslungsreich gestrickt um hier zum Träumen zu verleiten („Constants“) oder da direkt auf die Tanzfläche zu zielen („Rilo“), manchmal sogar beides auf einmal („Iceblerg“, nein, kein Dreckfuhler). Ganz zum Schluss hebt der Künstler schließlich in seine eigene Welt ab. Von „TXL“, nicht von „SXF“, von „BER“ ganz zu schweigen. – 7,5 von 10 elektronischen Flughäfen

P.S. Seams ist gerade als Support der (ebenfalls sehenswerten) Mount Kimbie on tour: 26.11. Uebel & Gefährlich (Hamburg), 27.11. Conne Island (Leipzig), 28.11. Zoom (Frankfurt), 29.11. Gretchen (Berlin), 03.12. Rote Sonne (München)





factory_floorNun aber willkommen beim (un-)fröhlichen Verweise-Bingo mit Factory Floor! Das Albumcover und der Bandname, da geht es doch schon los. Hacienda, Manchester, Factory, Joy Division, New Order. Passt, aber da ist noch mehr. Das Trio (aus London übrigens) besteht aus Gabriel Gurnsey, Dominic Butler und Sängerin Nic Colk Void – und Letztere bildete kürzlich ein Drittel von Carter Tutti Void, die im letzten Jahr auf Mute mit „Transverse“ einen herrlich düsteren Ur-Industrial-Throbbing-Gristle-Brocken veröffentlichten.

Noch mehr? Na schön, an den Reglern von „Factory Floor“ saß Timothy „Q“ Wiles, vorher u.a. für Afrika Bambataa und den VCMG-Technoausflug der Herren Gore und Clarke tätig. Und veröffentlicht wird das Album auf DFA, einem der Label der letzten Jahre. Uff, wa?! Das ist eine ganze Menge, doch man mag es kaum glauben – das alles kann man in diesem Album tatsächlich wiedererkennen. Ohne, dass es auch nur ansatzweise nach Flickwerk aussehen würde.

Die sieben langen Stücke (plus drei Interludes) ergeben stattdessen ein stimmiges Soundbild. Düsterer Post-Punk, eine große Menge Tanzbarkeit, hin und wieder schimmert sogar der Pop durch. Aber häufiger beeindruckt die Band eher durch eiskalten, stoischen und trockenen Minimalismus. Trockeneisnebel, Stroboskop, Neonlicht, Löcher in der Strumpfhose. Cool. – 8 von 10 Industriebunkern





simone_moveZum Schluss wollen wir aber noch etwa Erbauliches, sprich, Poppiges, anbieten. Da kommen uns die drei bezaubernden Damen – Heather D’Angelo, Erika Forster und Annie Hart – von Au Revoir Simone mit ihrem ebenso bezaubernden vierten Album „Move In Spectrums“ ja gerade perfekt in die Quere getanzt.

Es hat eine ganze Weile gedauert bis zu diesem Album, man gab Nebenprojekten (u.a. mit Air und Johnny Marr), Studium und/oder sonstigen neuen Lebenserfahrungen den Vorzug. Um sich dann aber doch wieder zusammenzufinden und festzustellen, dass es da noch einiges zu sagen gibt. Überraschenderweise hört man dem Album die zwischenzeitlichen Zweifel kaum an, im Gegenteil, so durchgängig fluffig klangen Au Revoir Simone wohl noch nie.

Wobei das Trio an seinem Rezept nicht viel geändert hat: Eingängig, dreamy electro-poppig, mit erheblichem Bezug auf die 80er ohne Vernachlässigung (halbwegs) aktueller Einflüsse, das geht leicht ins Ohr und ist doch stets clever genug gemacht um nicht gleich wieder herauszurutschen. Gerade in den flotteren Stücken steckt so mancher kleine Hit. Demnächst bestimmt wieder in diversen Fernsehserien zu hören. – 7 von 10 Tim-Burton-Zitaten






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Thomas Bästlein

Thomas Bästlein schreibt (früher unter dem Spitznamen Addison) seit Anfang 2007 für depechemode.de. Hauptberuflich arbeitet er im öffentlichen Dienst. Du kannst Thomas online bei Facebook treffen.

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