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Im Interview: De/Vision (Teil 1)

Von Ronny
/ 2 Kommentare

Bei bestem Wetter spielten De/Vision am Samstagnachmittag im Rahmen des diesjährigen Nordstern Festival im Stadtpark in Hamburg. Nach dem Konzert bekamen wir die Möglichkeit, mit Steffen über die aktuelle Pledge-Kampagne, die zurück-liegenden 25 Jahre im Musikbusiness und der bevorstehenden Zukunft zu plaudern. Während des Gesprächs klinkte sich auch Thomas spontan ein und gab, zusammen mit Steffen, einige Geschichten aus dem Nähkästchen zum Besten!

Wissenswertes über De/Vision

– Gründung 1988 in Bensheim durch Steffen, Thomas, Markus und Stefan.

– De/Vision spielten 1991 u.a. als Support von Camouflage – im selben
Jahr verließ Stefan die Band.

– 1996 stiegen De/Vision mit „Fairyland“ erstmals in die deutschen Albumscharts ein.

– 1998 erreichte die Band mit Monosex ihre höchste Platzierung in den deutschen Albumcharts.

– Mitte 2000 verließ Markus Ganßert die Band.

– Seit 2010 veröffentlichen De/Vision ihre Alben auf dem eigenen Label „Popgefahr“.

– Mit „Rockets & Swords“ erschien 2012 das bereits 13. Album.

1. Wie geht es Dir? Wie war das Konzert?

Steffen: Mir geht es gut. Ich bin müde wie immer, weil ich im Moment nicht so viel Schlaf bekomme, was aber mehr familiäre Gründe und nicht wirklich mit dem Leben als Musiker zu tun hat. Was das Konzert betrifft, und da möchte ich auch ehrlich sein, empfand ich dieses eher als durchwachsen. Zu Beginn hatten wir Probleme mit dem Sound auf der Bühne. Insbesondere gab es Probleme bei mir, da ich ohne „In-Ear“ arbeite und da war letztendlich der Beginn etwas holprig. Wir haben uns aber reingefunden und es war dann auch eine solide Show. Wir haben uns aber in der Vergangenheit durchaus schon besser gesehen (lacht).

2. Du hast es eben ja schon angesprochen, dass Dein Nachwuchs Dir die eine oder andere Nacht verkürzt. Inwiefern hat das Dein Leben als Musiker/ Künstler noch beeinflusst. Auch hinsichtlich der eigenen Musik?

Steffen: Natürlich beeinflusst der Nachwuchs das Leben enorm, du musst dich an einen ganz neuen Rhythmus gewöhnen, und kannst nicht mehr die Abläufe so gestalten, wie nur du sie gerne hättest. Musikalisch habe ich meinem Sohn ja schon auf dem letzten Album „Rockets & Swords“ einen Song gewidmet. Bei „Bedbugs (a modern lullaby)“ handelt es sich, wie der Name schon erahnen lässt, um ein Schlaflied der moderneren Art.

3. Sind Konzerte im Rahmen von Festivals generell anders zu spielen für Euch? Oder gibt es da keinen Unterschied zu eigenen Konzerten?

Steffen: Also ich bin da jetzt auch ehrlich und das soll mir auch kein Veranstalter von Festivals übel nehmen, aber ich persönlich spiele lieber eigene Shows. Ich bin zwar auch gerne auf Festivals, weil man da auch viele Leute erreichen kann, auch anderes Publikum, aber trotzdem sind die eigenen Shows einfach besser. Und ich denke auch, dass dies bei vielen Bands ähnlich ist, weil einfach eine ganz andere Stimmung ist, wenn Fans einer Band zu einem Konzert kommen.

(Thomas betritt den Raum und schließt sich spontan dem Interview an.)

4. Ihr feiert dieses Jahr euer 25jähriges Bandjubiläum. Nach dieser langen Zeit, gibt es da bestimmte Anekdoten, an die ihr euch heute noch gerne erinnert?

Thomas: Puuuh, es gibt da so viele Anekdoten…Wahnsinn! Es passieren immer lustige Sachen, aber das sind Interna und in der Regel ist das auch Situationskomik.

Steffen: Das stimmt. Aber um auf die Frage zurück zu kommen – für mich war so mit das Schönste was ich erlebt habe das Abschlusskonzert in Barcelona nach unserer ersten Show in dieser Stadt (19.12.1998 [Anmerkung der Redaktion]). Wir hatten zu diesem Zeitpunkt eine lange Tour hinter uns, in der wir zirka sechs Wochen mit dem Nightliner unterwegs waren. Zu diesem Zeitpunkt waren wir alle total „verrockt“ und krank, haben aber trotzdem das Abschlusskonzert in Barcelona gespielt. Zusätzlich zu unseren persönlichen Problemen gab es aber auch massive Probleme mit dem Sound, der eine absolute Katastrophe war. Die Aftershowparty im Anschluss war hingegen die genialste, die ich bisher erlebt habe. Das kann man einfach nicht beschreiben, das hätte man miterleben müssen. Untereinander erzählen wir heute noch davon.

Thomas: Ich könnte da noch eine Anekdote aus Russland erzählen… Es war damals das erste Mal, dass wir in Russland waren und ein Bekannter vom Veranstalter hat mich mit seinem Auto in eine etwas Abseits gelegene Gegend gefahren. Er hat nicht gesagt wohin es geht und was er eigentlich vor hat. Plötzlich hält er mit seinem dicken Mercedes an und spricht ein Mädel auf der Straße an. Er sprach kurz mit ihr, sie stieg ein und er fuhr mit uns in einen Hinterhof. Dann meinte er nur trocken zu mir: „Du zuerst„. Ich konnte das nicht wirklich glauben und bin dann ausgestiegen und habe gesagt: „Okay, mach Du mal und viel Spaß!„. Da wollte er mir eine Bordsteinschwalbe ausgeben…

Steffen:Das erzählst Du heute ja zum ersten Mal!? Die Story kannte ich auch noch nicht.

Thomas: Die kanntest Du echt noch nicht? Naja, jedenfalls bin ich ausgestiegen und habe eine Zigarette geraucht und in der Zeit hat sich das Auto „auf und ab“ bewegt… Das war schon echt hart. (alle lachen)

Wir hatten wann anders auch ein echt witziges Zusammentreffen mit der Polizei gehabt in Moskau.

Steffen: Ne, das warst nur Du.

Thomas:Echt? Naja, jedenfalls wollten wir mit ein paar Leuten nach der Show in einen Club fahren. In Moskau ist das aber so, dass die Polizei nachts nur die teuren Autos anhält und dann die Fahrer abkassiert. Wir waren wie gesagt gerade auf dem Weg zu einem Club und der Fahrer, mit dem ich mitgefahren bin, hatte einen teuren amerikanischen Geländewagen. Wir waren gerade mal 10 Minuten unterwegs, da wurden wir schon das erste Mal von der Polizei angehalten. Ich dachte nur: „Hä, was ist denn jetzt los?„. Der Fahrer machte gleich sein Handschuhfach auf und holte einen Umschlag heraus, in dem hatte er ein dickes Bündel Dollarscheine. Er hat dem Polizisten dann $100 gegeben und wir durften weiterfahren.
Hintergrund ist wohl, dass die Polizisten sonst ankommen und sagen: „Hey, Du hast gesoffen„. Dann nehmen sie dich mit aufs Revier und damit ist dann die Nacht vorbei. Darauf hat natürlich niemand Lust. Und das skurrile ist, dass die Polizei in Russland nicht mal einen Alkoholtest machen muss um diese Behauptung zu untermauern.
Wir waren zuvor zwar in ein paar Kneipen, aber unser Fahrer hatte ausschließlich Wasser getrunken, weil er uns eben durch die Stadt fahren musste. Jedenfalls bezahlte er den Polizisten und wir konnten weiterfahren. 5 Minuten später wurden wir das nächste Mal angehalten – und ich übertreibe da jetzt auch nicht – wir waren gerade zwei Straßen weiter. Auch dieses Mal das gleiche Spiel. Unserer Fahrer gab dem Polizisten Geld und wir durften weiterfahren.
Danach sind wir von den Hauptstraßen abgefahren und haben die Nebenstraßen genutzt um diese lästigen Kontrollen zu umgehen. Wieder 5 Minuten später – und das ist kein Witz(!) – wurden wir wieder angehalten. Und wieder das gleiche Spiel. Wieder musste er zahlen. Binnen 15 oder 20 Minuten hat er da ein paar hundert Dollar an Polizisten bezahlt.
Nun waren wir insgesamt mit drei Autos in einer Kolonne unterwegs und in dem dritten Auto, ein altes Russenauto, war der Fahrer rotzevoll. Das hat aber niemanden interessiert. Es ging nur um die dicken Autos…
Nach dem dritten Mal haben wir uns dann entschlossen das Auto stehen zu lassen und ein Taxi zu nehmen.
Davor diskutierten dann unserer Fahrer und eine weitere Person aus unserem Tross mit den Polizisten und ich habe mich tierisch über diese Vorgehensweise aufgeregt. Die Jungs haben dann versucht mich zu beruhigen, jedenfalls haben die Polizisten bemerkt, dass ich deutsch gesprochen habe und wollten wissen, was los ist. Und dann haben die Jungs den Polizisten erklärt, dass sie eine Band aus Deutschland betreuen und plötzlich wurden die Polizisten ganz freundlich. Sie fragten uns dann, wo wir hin wollen und haben uns dann im Polizeiauto mit Blaulicht(!) zum Club gefahren…
Ich hatte während der Fahrt noch eine Polizeimütze auf und vor dem Club haben wir dann sogar noch Fotos gemacht, wie wir mit einer Kalaschnikow in der Hand vor dem Polizeiauto standen. Das war echt abgefahren. Da dachte ich dann auch, das kann es doch gar nicht geben.

Steffen: Jetzt haben wir aber genug aus dem Nähkästchen geplaudert (beide lachen).

5. Hat sich bei Euch in den zurückliegenden 25 Jahren die Einstellung gegenüber der Musikindustrie geändert oder auch gegenüber der Musik an sich?

Steffen: Ja, definitiv. Gegenüber der Musikindustrie auf alle Fälle, sonst hätten wir auch nicht unser eigenes Label gegründet. Die letzten zwei Alben haben wir ja über unser Label Popgefahr veröffentlicht. Ich stehe der Musikindustrie schon sehr kritisch gegenüber, weil es sich einfach nur noch auf wenige „Große“, wenn nicht sogar nur noch auf einen „Großen“ konzentriert – und das ist Universal. Die kaufen alles, zum Teil für’n Apple und’n Ei, auf und beherrschen dadurch einfach den Markt. Ich wohne auch in der Nähe des Headquarters und für mich ist das mittlerweile schon ein Feindbild geworden. Jedes Mal wenn ich an diesem Gebäude vorbeikomme wirkt dieses Haus abstoßend auf mich. Man möge es mir verzeihen, aber es ist so. Du kommst als eingeständiger Künstler, mit den eigenen Ideen die Du hast, einfach nicht mehr auf dem Markt durch. Du hast gar nicht mehr die Möglichkeit, deine Musik zu präsentieren, weil einfach die Power bzw. das Geld dazu fehlt, um auf diesem Markt zu existieren, um eventuell mal einen kleineren Durchbruch hin zu bekommen.
Wir haben für uns unsere Nische gefunden und ich bin damit auch sehr zufrieden. Es ist zwar nicht immer alles super, wir haben aber diesen Weg der Eigenständigkeit gewählt, um darüber zu bestimmen, wie wir klingen wollen und wie wir uns und unsere Musik präsentieren wollen. Wir werden dahingehend aber auch immer professioneller, da wir immer wieder Infos bekommen, die uns in unserer Arbeit unterstützen und uns voranbringen. Und wir werden entsprechend diesen Weg weiter gehen. Ein neuer Teil dieses Weges ist auch unsere aktuelle Pledge-Kampagne.

6. Richtig, Ihr habt ja aktuell die Pledge-Aktion laufen, worum geht es da genau?

Steffen: Da muss ich etwas ausholen. Also, seitens der Fans bestand schon lange der Wunsch hinsichtlich einer Live-DVD. Wir wissen aber auch, dass DVDs auf dem Markt schwierig zu verkaufen sind und der Markt nochmals deutlich kleiner ist als für CDs. Wir haben also überlegt, was wir nun machen. Über unseren Vertrieb (Soulfood) hätten wir die entsprechende Finanzierung zwar ohne Probleme bekommen, hätten aber das gesamte Risiko selber tragen müssen. Das eigentliche Risiko besteht leider darin, dass man eine gewisse Menge an DVDs produzieren muss, die dann durch den Vertrieb am Markt platziert werden muss. Wenn man das nicht machen würde, hätte man schon von vornherein keine Chance. Es ist einfach ein Kostenfaktor. Alternativ gab es noch die Möglichkeit einen ganz anderen, neuen Weg zu gehen. Pledge!

Hierbei werden die Fans mit in die Produktion der DVD eingebunden und für uns verringert sich gleichzeitig das Gesamtrisiko. Ich habe diese Webseite über IAMX kennengelernt, die ihr aktuelles Album darüber finanziert haben und fand die Idee sehr interessant. Ich habe das dann Thomas vorgestellt und ihm gezeigt wie das genau funktioniert und dann haben wir für uns beschlossen, diese Pledge-Kampagne zu starten. Für uns hat dies den charmanten Vorteil, dass wir ungefähr wissen, was wir an DVDs herstellen müssen. Parallel bieten wir den Leuten aber auch Dinge an, die sie so nirgendwo bekommen können.

Der Gedanke von Pledge besteht ja darin, noch mehr Eigenständigkeit zu erlangen, sich von der Großindustrie zu lösen und gleichzeitig mehr mit den Fans zu arbeiten. Gleichzeitig soll dem Fan aber auch dargelegt werden, was die Produktion von z.B. einer DVD eigentlich an Kosten verursacht.
Wir wissen, dass die DVD, wenn man sie bei Pledge bestellt, 35,- Euro kostet. Wir wissen auch, dass dies viel Geld ist für eine DVD, aber wir kennen auch die Kosten und das wollen wir den Fans auch etwas näher bringen, damit sie erkennen, was solch eine Produktion eigentlich kostet. Es geht ja nicht nur darum, eine DVD mit hübschen Booklet herzustellen und zu bewerben. Diese 35,- Euro beinhalten die gesamte Produktion von Bühnenaufbau bis Schnitt – so kommt der Preis letztendlich zustande und das wollen wir den Leuten auch mal etwas näher bringen, damit sie vielleicht auch mal wieder verstehen, was der Wert einer solchen Produktion ist. Meiner Meinung nach ist das mittlerweile völlig verloren gegangen.
Die Leute kaufen sich mittlerweile MP3s für -,89 Cent, aber die wissen letztendlich gar nicht was das kostet, also die Herstellung eines Musikstücks. Wir stecken da immer richtig viel Geld rein und das bekommst du nicht mit ein paar Downloads bei iTunes wieder rein. Deswegen sind wir dieses Mal diesen Weg gegangen, um die Leute dafür etwas zu sensibilisieren, aber auch um unser Risiko etwas zu minimieren. Letztendlich fasziniert mich aber nach wie vor der Gedanke, dass man den Fans etwas gegeben kann, was sie so nicht bekommen würden.
Ich konnte über diese Kampagne schon viele Menschen kennenlernen, die uns super unterstützen und es macht mir einfach Freude, mit diesen Leuten zu kommunizieren.

7. Wie lange läuft Eure Pledge-Kampagne noch?

Steffen: Also offiziell endet sie Ende Dezember. Die Kampagne startet aber erst offiziell, wenn die 100% erreicht sind (mittlerweile ist dieses Ziel erreicht [Anmerk. Der Redaktion]).
Bevor die Kampagne überhaupt offiziell einsehbar ist, gibst du ein Budget an. Das sind dann die 100% die du benötigst, um dein Projekt zu realisieren. Die Kosten sind natürlich bei jedem Künstler anders gewichtet. Das Projekt „Live-DVD“ ist von uns aber präzise durchkalkuliert, so dass wir mit dem Erreichen der 100% ohne Probleme die DVD produzieren können. Würden wir die 100% allerdings nicht erreichen, würden wir die DVD auch nicht produzieren. Aber davon gehen wir aktuell nicht aus, da wir derzeit bei zirka 80% liegen.

8. In welchen Städten wollt ihr die DVD aufzeichnen? Gibt es da schon Pläne?

Steffen: Also wir werden die Konzerte in Frankfurt, Leipzig und Berlin aufzeichnen. Ich denke, dass wir da auch gute Städte ausgesucht haben, denn bisher war dort die Stimmung immer erstklassig und das ist bei der Produktion einer Live-DVD einfach wichtig.
Wir wollen über dies aber nicht nur eine reine Live-DVD machen, sondern es soll mehr eine Art Film werden. Geplant ist etwas, das in Richtung der 101 von Depeche Mode gehen wird, das gebe ich auch zu, da ich selbst Fan davon gewesen bin. Wir wollen unter anderem eine Faneinbindung machen und bieten entsprechend auch Meet&Greets bei unserer Pledge-Kampagne an.
Wer also für die oben genannten Shows ein Meet&Greet ‚pledged‘, wird Teil der DVD werden, wenn er/ sie das denn möchte. Geplant ist unter anderem, dass wir ein Interview mit diesen Fans führen und sie uns schon ab dem Soundcheck begleiten. Ich denke das ist eine interessante Sache und belebt die DVD.

Veröffentlichungen von De/Vision findet ihr auf

bestellen bei amazon

http://youtu.be/vr1uzHt7Bb8

Weitere Infos zu Band findet ihr unter www.devision-music.de

Das Interview führte Ronny Gehring.

Von Ronny

2 Kommentare

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  1. Geile Aktion diese Pledge-Kampagne, freu mich schon riesig auf Leipzig, aber vorher geht’s morgen zur World Violation Party auf der Festung Königstein. Dort werden die Jungs auch live spielen, wir sehen uns!

Kommentare sind geschlossen.

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